Experten: "Keine gute Idee"
Pröll-Vorschlag erntet keinen Applaus
Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) erntet mit seinem Vorschlag, die Einstimmigkeit im Ministerrat aufzuheben, keinen Applaus. Verfassungsjuristen halten es für keine gute Idee, mit der Einführung einer einfachen Mehrheit im Ministerrat die Entscheidungsfreudigkeit dort heben zu wollen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 26.8.2011
Eva Haslinger
Öhlinger: "Bringt nichts"
Kurz und bündig fällt die Antwort aus, wenn man Verfassungsexperten Theo Öhlinger nach seiner Meinung zu Prölls Ideen fragt: "Ich sehe keine Konstellation, bei der das irgendetwas bringen würde", so Öhlinger.
Allenfalls sinnvoll könnte ein solcher Vorschlag sein, wenn in der Bundesregierung alle Parteien gemäß ihrer Stärke vertreten wären, wie in manchen Bundesländern. "Aber ich kenne niemanden, der so etwas für Bundesregierung ernsthaft fordern würde", so Öhlinger.
"Irreales Szenario"
Geht man davon aus, dass die Regierung eine Koalitionsregierung ist, dann gibt es zwei Möglichkeiten: erstens: beide Parteien sind gleich stark, dann haben beide auch gleich viele Regierungsmitglieder. Sprich: es bräuchte einen Abweichler, was unrealistisch sei.
"Das ist in Österreich ein völlig irreales Szenario. Ich halte das für keine gute Idee."
Kleiner Koalitionspartner "Anhängsel"
Zweite Möglichkeit: eine Koalition aus einer großen und einer kleineren Partei. Auch hier wäre ein solches Modell aus Öhlingers Sicht nicht sinnvoll.
"Dann hätte der kleine Partner nur eine Rolle als Anhängsel. Er könnte in allen Punkten von der Mehrheit überstimmt werden", sagt der Verfassungsexperte.
Mayer: Politiker "zu abhängig"
Ein Befund, den sein Kollege Heinz Mayer vollinhaltlich teilt. Seiner Meinung nach liegt das Problem allerdings woanders. "Unser Problem ist, dass die Regierungspolitiker zu abhängig sind von den Mächtigen in ihrer eigenen Partei", so Mayer.
Reines Gewohnheitsrecht
Übrigens, Detail am Rande: Dass Regierungsbeschlüsse einstimmig gefasst werden müssen, steht nirgendwo in der Verfassung. Allerdings ist dies eine Art Gewohnheitsrecht. Sollte man es, theoretisch gesehen, ändern wollen, dann wäre dazu laut Öhlinger ein Verfassungsgesetz notwendig.