Anwalt: "Versuch, Schiezler mundtot zu machen"
Telekom-Affäre: Kronzeuge wehrt sich
Bei der Telekom Austria schießt man sich nun offenbar auf den Kronzeugen Gernot Schieszler ein. Telekom-Chef Hannes Ametsreiter spricht in der Kronenzeitung von einem "System Schiezsler" innerhalb der Telekom. Ametsreiter stellt auch Klagen in den Raum. Schieszlers Anwalt vermutet den Versuch, seinen Mandanten mundtot zu machen.
8. April 2017, 21:58
Abendjournal, 26.08.2011
Scharfe Töne
Im Morgenjournal am Donnerstag zeigte sich Telekom-Chef Hannes Ametsreiter noch zufrieden mit der Aufklärung der Telekom-Affäre durch Kronzeugen Gernot Schieszler. Heute in der Kroenzeitung schlägt Amentsreiter völlig andere Töne an. Schon 2009 sei er Gernot Schieszler auf die Schliche gekommen, sagt Telekom-Chef Hannes. Schieszler habe Leistungsdokumente vorgelegt, die nicht schlüssig gewesen sein, so Ametreiter. Deshalb habe man sich auch von dem Manager getrennt. Schieszler sei nicht freiwillig gegangen, sagt Ametsreiter und stellt auch Klagen gegen den Kronzeugen in den Raum.
"Bekannte Praktiken"
Die Aussagen Ametsreiters lösen bei Schieszlers Anwalt Stefan Prochaska höchste Verwunderung aus. Gegenüber Ö1 äußert Prochaska den Eindruck, "dass hier eine der international bekannten Praktiken gepflogen wird, Kronzeugen mundtot zu machen. Man bedroht sie mit Schadenersatzklage und beginnt sie persönlich zu desavouieren und damit letztlich als unglaubwürdig darzustellen."
Kein "System Schieszler"
Sein Mandant habe Fehler gemacht, so Prochaska, aber von einem "System Schieszler" zu sprechen, sei gar nicht möglich. Denn Schieszler hätte auch als Telekom-Topmanager das Vier-Augen-Prinzip erfüllen müssen. Auch bei der Affäre um die Kursmanipulationen zugunsten der Telekom-Manager könne man Schieszler nicht die Schuld in die Schuhe schieben, sagt Prochaska: "Dieser Fall ist zu einer Zeit passiert, als der Herr Schieszler noch gar nicht befugt war und damit nicht im Vorstand war."
Weitere Enthüllungen?
Kann es sein, dass man bei der Telekom besorgt ist, was Schieszler sonst noch bei der Staatsanwaltschaft gesagt haben könnte? Prochaska dazu: "Ich darf über die weiteren Dinge nichts sagen, weil der Staatsanwalt laufend ermittelt, und ich möchte unter keinen Umständen die laufenden Ermittlungen gefährden. Aber natürlich könnte Angst ein solches Motiv sein."
Fakt ist: Schieszler soll bei seinen Einvernahmen noch wesentlich mehr brisante Details aus dem Innenleben der früheren Telekom-Führung preisgegeben haben, als bisher bekannt geworden ist. Eine Klage der Telekom gegen Schieszler liegt derzeit nicht vor, sagt Anwalt Prochaska.
Aufsichtsrat und "Task Force"
ÖIAG-Chef und Telekom-Aufsichtsratschef Markus Beyrer hat eine außerordentliche Telekom-Aufsichtsratssitzung einberufen. Die Aufseher sollen sich "ausschließlich mit der Aufklärung aller derzeit zur Diskussion stehenden Sachverhalte beschäftigen und sich umfassend über den Stand der unternehmensinternen Aufklärungsarbeiten berichten lassen", teilten ÖIAG und Telekom am Freitagnachmittag mit. Aufsichtsratschef Beyrer wolle eine "externe Task Force" mit internationaler Beteiligung, um die Vorwürfe aufzuklären. Ein Termin für die Sitzung wurde nicht genannt, sie solle aber "baldigst" stattfinden.
Auf die Frage, ob der Telekom-Vorstand nach wie vor das Vertrauen der ÖIAG habe, antwortete ein Sprecher der Staatsholding: "Ja. Die Maßnahmen erfolgen in enger Abstimmung mit dem Vorstand". Die staatliche ÖIAG ist mit 28,42 Prozent größter Einzelaktionär des börsenotierten Telekom-Unternehmens.
Weitere Beteuerungen
Der Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly wehrt sich ebenfalls gegen Vorwürfe im Zusammenhang mit der Telekom-Affäre. Er betont in einer Aussendung, "dass die in den Medien kolportierten 1,1 Millionen Euro tatsächlich von der Telekom an seine Firma zur Auszahlung gelangten, in seiner Firma ordnungsgemäß verbucht und auch der Besteuerung zugeführt wurden." Die Verwendung dieser Gelder sei in Buchhaltung und Bilanzen nachvollziehbar. Damit sei evident, dass keine Bestechungen bzw. Provisionszahlungen getätigt worden seien, so Mensdorff-Pouilly.
Das Magazin "News" berichtete unter Berufung auf Schieszler, eine 1,1 Mio. Euro-Zahlung an Mensdsdorff-Pouilly im Jahr 2008 solle in Wahrheit im Zusammenhang mit der Auftragsvergabe im Polizeifunkprojekt im Jahr 2004 stehen. Der Hersteller Alcatel dementiert heute ebenfalls.