Mit neuem Album in Wien zu Gast

Tuareg-Sound von Tinariwen

Am Mittwoch, 7. September 2011, gastiert im Wiener WUK die malische Tuareg-Band Tinariwen. Die Band formierte sich Anfang der 1980er Jahre in Guerillalagern in der libyschen Wüste. Dürre und politischer Druck in den Heimatländern Mali und Niger zwang damals viele Tuareg in die Nachbarländer.

In Libyen lockte Muammar Gaddafi mit leeren politischen Versprechen eines unabhängigen Tuareg-Staates, um Rebellen zu rekrutieren. Hier begann das musikalische Abenteuer von Tinariwen, die in den kommenden Jahren zum Inbegriff afrikanischer Rebellenmusik wurden - mit der Elektrogitarre und Texten in ihrer eigenen Sprache, dem Tamakesh, als Markenzeichen ihres Wüstenblues'. Seit Mitte der 1990er Jahre sind sie nun schon als Profimusiker unterwegs. Zuletzt haben sie mit "Tassili" ein beeindruckendes Album präsentiert - eingespielt in der Wüste und mit prominenten Gastmusikern.

Kulturjournal, 06.09.2011

Die Kalaschnikow in der einen, die Elektro Gitarre in der anderen Hand. Ein Klischee, das sich schon zu lange gehalten habe, so Tinariwen auf ihrer Homepage. Schon vor Jahren haben sie die Waffen gegen Instrumente eingetauscht, und die sind auf dem neuen Album "Tassili" zunehmend akustisch.

Anfang der 1980er Jahre begannen Tinariwen traditionelle Tuareg-Musik mit Blues und Rock zu durchmischen. Mit elektronisch verstärkten Instrumenten, Eigenkompositionen und in der Gegenwart verankerten Texten - eine Revolution für die in alten Geschichten verhaftete Tuareg-Tradition, so Tinariwen-Mitbegründer Ibrahim Ag Alhabib.

"Als wir 1979 angefangen haben zu spielen, hatten die Tuareg eine schwierige Zeit. Sie wurden von der Politik entweder ignoriert oder verfolgt. Zudem wusste man damals recht wenig über uns. Und so war unsere Musik einerseits eine Stimme nach außen, um zu sagen wer wir sind und wie wir leben. Andererseits war es aber auch eine Stimme nach innen. Ob Tuareg in Niger oder in Mali, alle hatten wir die gleichen Probleme. Mit unserer Musik wollten wir zeigen, dass wir gemeinsame Anliegen und Probleme haben - wir wollten miteinander kommunizieren."

Das Leben der Wüstennomaden

Auf selbstüberspielten Kassetten verbreitete sich ihre Musik zuerst in ihrer Heimat Mali, bevor die Band mit den Alben "Imidiwan" und "Amam Iman" den internationalen Durchbruch schaffte. Mittlerweile sind die Texte weniger aufwühlend, poetischer und zurückhaltender. Die Themen sind aber im Wesentlichen die gleichen geblieben. Sie kreisen um das Leben der Wüstennomaden - dem leeren Raum zwischen Sanddünen, der Suche nach Wasser und politischen Problemen.

"Jetzt wollen wir mit unserer Musik dafür sorgen, dass diese Probleme nicht in Vergessenheit geraten", so Ibrahim Ag Alhabib. "Denn viele davon sind ungelöst geblieben. Natürlich hat sich innerhalb der Band über die Jahre einiges geändert: Die Musik selbst ist mehr und mehr in den Vordergrund getreten. Aber zugleich haben wir heute bei unseren Konzerten die Möglichkeit, einem größeren Publikum davon zu erzählen. Von unserer Geschichte, was wir durchgemacht haben, und was wir noch immer durchmachen."

Aufnahmen zwischen Felsen und Zeltlager

Aktuell gibt es da etwa die Verfolgung durch libysche Rebellen, alte politische Wunden, die wieder aufgerissen werden, oder die erneut aufkommenden Kämpfe in Mali, die die Band zur Aufnahme ihres neuen Albums nach Algerien, in die gleichnamige Tassili-Region gezwungen haben. Hier haben sie das neue Album inmitten der Wüste eingespielt. Drei Wochen Sessions zwischen Felsen und Zeltlager.

Mit dabei bei dieser Wüstensession waren auch Kyp Malone und Tunde Adebimpe, Sänger und Gitarrist der New Yorker Band TV on the Radio - ihres Zeichens eine der innovativsten Rockformationen der letzten Jahre. Andere Gastmusiker wie Gitarrist Nels Cline ergänzten "Tassili" mit nachträglichen Aufnahmen in New Orleans.

Vertrautes durchmischt sich hier mit neu zu Entdeckendem. Dazu eine illustre Gästeliste - eigentlich die idealen Zutaten für kommerzialisierte Weltmusik. Doch glücklicherweise ist "Tassili" frei von Klischees geblieben - die Gastmusiker ergänzen angenehm zurückhaltend die Musik von Tinariwen. Und so ist das Ergebnis ein beeindruckendes Album - unangepasst und entspannt.

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