Gerichtsurteil in Italien sorgt für Aufsehen
Eltern "zu alt": Tochter entzogen
Ein Gerichtsurteil hat in Italien für Aufsehen und Diskussionen gesorgt. Die Richter nahmen einem Ehepaar, das durch künstliche Befruchtung vor rund einem Jahr im hohen Alter von 57 bzw. 70 Jahren eine Tochter bekam, das Kind weg. Die Begründung: Die Eltern seien zu alt, um sich um ihre Tochter zu kümmern.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 17.9.2011
Robert Uitz
"Selbstsüchtiges Verhalten"
In so einem Alter "wider die Natur" ein Kind zu bekommen, zeuge von selbstsüchtigem Verhalten – und das sei keine gute Voraussetzung für die Erziehung eines Kindes, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung. Schon wenige Wochen nach der Geburt hatten die Behörden das Verfahren eingeleitet. Das Mädchen kam vorläufig zu Pflegealtern, durch das jetzige Urteil ist das fix.
"Zu alt" für Adoption
Schon 1990 hatte das Paar geheiratet – viele Jahre bemühten sie sich darum, ein Kind zu adoptieren. 2003 überschritten sie dann schließlich die Altersgrenze für Adoptionen.
Daraufhin ließen die beiden in einem nicht näher genannten Land außerhalb Italiens eine künstliche Befruchtung vornehmen. Das Kind kam dann in Turin auf die Welt.
Eltern nicht zumutbar?
Bemerkenswert ist die Begründung des Urteils. So ist es nicht nur die vom Gericht festgestellte Selbstsucht der Eltern, sondern auch ein weiterer Punkt: Es sei dem Mädchen nicht zuzumuten, dass es bereits in jungen Jahren zu einem Waisenkind werde und sich vorher möglicherweise auch noch um die Pflege der Eltern kümmern müsse. In einem Alter, in es selbst die Unterstützung der Eltern brauchen würde.
Als Beispiel dafür, warum die Eltern nicht in der Lage seien, sich um das Kind zu kümmern, wurde genannt, dass die Mutter das Kind erst fünf Tage nach der Geburt zu sich ins Zimmer geholt habe.
Mutter wehrt sich
Die Mutter wehrt sich in einem Interview vehement: "Wir erwarten natürlich nicht, dass wir uns die nächsten 30 Jahre um das Kind kümmern können, wir sind ja realistisch. Aber das heißt nicht, dass sie sagen können, wir seien jetzt nicht in der Lage, uns um das Kind zu kümmern", sagte die Frau.
Debatte um Großeltern
Der Anwalt der Familie kündigte an, gegen das Urteil zu berufen, denn die Begründung sei nur auf Vorurteilen aufgebaut.
Die ganze Sache löste in Italien auch eine Diskussion darüber aus, was das Urteil für Großeltern bedeutet. Vor allem in jenen Fällen, wo sie die Erziehung der Kinder übernehmen müssen – etwa weil die Eltern bei einem Unfall ums Leben gekommen sind.