Fraktionen bei Frage der Präimplantationsdiagnostik tief gespalten

Hitzige Gentest-Debatte im Bundestag

Der deutsche Bundestag beschäftigt sich heute mit der Frage, ob Embryonen bei der künstlichen Befruchtung vorab auf Gendefekte untersucht werden dürfen. Befürworter der Tests wollen Paaren helfen, denen schwere Erbkrankheiten drohen. Gegner sehen darin eine unzulässige Selektion von Wunschkindern.

Mittagsjournal, 7.7.2011

Peter Fritz aus Berlin

Rechtliches und ethisches Dilemma

Die Frage, ob die Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland weiterhin zugelassen werden soll, ist nicht nur ein ethisches, sondern auch ein rechtliches Dilemma. Bei der PID testen Mediziner im Reagenzglas erzeugte Embryonen auf Erbkrankheiten oder Chromosomendefekte, bevor diese in den Mutterleib eingepflanzt werden. Bei der künstlichen Befruchtung lassen sich kranke Embryonen so gezielt aussortieren.

Heftige Debatte über "Würde des Menschen"

Diese Vorgehensweise berührt den Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes, der da lautet: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Ob sich die Würde des Menschen aber schon auf eine befruchtete Eizelle außerhalb des Mutterleibs bezieht, darüber wird heute im Deutschen Bundestag heftig debattiert.

Fraktionsdisziplin aufgehoben

Neben dem rechtlichen Aspekt ist die PID aber auch eine Gewissensfrage. Darum haben die Fraktionen des Bundestages die Fraktionsdisziplin aufgehoben und ihren Abgeordneten freigestellt, wie sie abstimmen sollen. Die Meinungen im Bundestag reichen von einem strikten Verbot bis zu einer begrenzten Zulassung unter strengen Auflagen.

"Natur ihren Lauf lassen"

Die Gegner des Verfahrens sprechen von Selektion und warnen davor, mit einer Entscheidung "Pro PID" könnte die Tür zur Zeugung von Babys mit Merkmalen nach Wunsch aufgestoßen werden. Man müsse der Natur ihren Lauf lassen, so das Credo. "Unter den künstlich hergestellten Embryonen werden die einen ausgewählt und die anderen verworfen. Das wäre quasi eine Zeugung auf Probe", sagt etwa der CSU-Abgeordnete Wolfgang Zöller.

Verbot von PID "moralisch verwerflich"

Die Befürworter des Diagnoseverfahrens weisen darauf hin, dass eine Abtreibung in Deutschland bereits straffrei ist, wenn später im Mutterleib eine schwere Schädigung des Embryos festgestellt wird. "In einem Staat, in dem unter diesen Voraussetzungen die Abtreibung zugelassen ist, die Vermeidung von Abtreibung zu verbieten, das fände ich rechtlich nicht haltbar und moralisch verwerflich", sagt Peter Hinze, ebenfalls CDU-Abgeordneter.

Regierung uneins

Die Fronten gehen aber nicht nur quer durch die Fraktionen, auch in der Regierung herrscht Uneinigkeit. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist für ein Verbot der PID, Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), von Beruf Ärztin, ist hingegen für deren begrenzte Zulassung. Am frühen Nachmittag sollte eine Entscheidung im Bundestag feststehen.

Übersicht

  • Ethik