Abstimmung über Gentests an Embryonen

Emotionale Debatten am CDU-Parteitag

Mit einem heiklen Thema hat sich die CDU am Dienstag auf ihrem Parteitag in Karlsruhe befasst. Es geht um medizinische Tests an künstlich gezeugten Embryonen, eine Prozedur, die in vielen Staaten Europas erlaubt, in Deutschland aber gesetzlich nicht geregelt ist. Vor allem von kirchlicher Seite gibt es heftige Kritik.

Mittagsjournal, 16.11.2010

Stundenlange Diskussionen

Die CDU hat sich die Entscheidungsfindung nicht leicht gemacht. Stundenlang wogte heute Vormittag die Debatte hin und her, zwischen Befürwortern und Gegnern einer Prozedur, die früher nur medizinischen Profis ein Begriff war: Präimplantationsdiagnostik. Das bedeutet, kurz gesagt, Untersuchungen an künstlich gezeugten Embryonen. Meistens sind es Paare, die diesen Weg wählen, weil sie wissen, dass sie mit Anlagen zu einer Erbkrankheit behaftet sind.

Wenn sie sich zu einer künstlichen Befruchtung entschließen, dann kann befruchteten Embryonen im Frühstadium Zellmaterial entnommen werden, das dann auf genetische Auffälligkeiten untersucht wird. Wird ein Embryo für gesund befunden, kann er der Mutter eingepflanzt werden, zur selben Zeit im Reagenzglas gezeugte andere Embryonen werden vernichtet.

Erlaubt, weil nicht verboten

Es gibt in Deutschland ein Embryonenschutzgesetz, aber das kommt aus einer Zeit, in der von Präimplantationsdiagnostik noch keine Rede war. Und so kam es, dass sich ein Arzt selbst anzeigte, weil er die Prozedur durchführte - und vom deutschen Bundegerichtshof freigesprochen wurde. Das heißt, derzeit ist die Präimplantationsdiagnostik in Deutschland erlaubt, aber nur deshalb, weil sie nicht ausdrücklich verboten ist.

Wie eine zukünftige gesetzliche Regelung für diese Frage aussehen könnte, darüber gab es heute hier in Karlsruhe auf dem CDU- Parteitag sehr heftige Auseinandersetzungen. Das Problem trifft einen empfindlichen Nerv in der Partei. Es meldeten sich in der Debatte viele engagierte Gegner, die den Schutz des Lebens, auch im Embryonalstadium, als oberste Maxime ansehen, etwa die Abgeordnete Maria Flachsbarth: "Ich bin als Christin zutiefst davon überzeugt, dass jeder Mensch von Anfang an von Gott gewollt ist. Er ist geliebt und er ist angenommen."

Töten erlaubt, untersuchen verboten?

Die andere Seite, jene der Befürworter der Diagnose an Embryonen, war auch wortreich vertreten, etwa durch die Abgeordnete Ursula Heinen-Esser, die auf das Leid von Paaren aufmerksam machte, die von Erbkrankheiten betroffen sind: "Sie haben vielleicht neun Monate ein Kind ausgetragen und es ist direkt nach der Geburt gestorben. Solche Paare verstehen nicht, warum die Präimplantationsdiagnostik verboten werden soll, aber die Abtreibung ohne Angabe von Gründen erlaubt ist."

Die Debatte nahm wesentlich mehr Zeit in Anspruch als geplant. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer, als Mittagsredner geladen, musste warten, denn im Ringen um die Diagnosemethode meldete sich ein Redner nach dem anderen zu Wort, und das, obwohl die heutige Parteitagsentscheidung auch nur eine Vorfestlegeung wäre. Denn der Koalitionspartner FDP, der für die umstittene Diagnostik eintritt, will bei der endgültigen Regelung auch noch ein kräftiges Wörtchen mitreden.

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