Gas als Ware und Druckmitttel

Gazprom: Politik mit Energie

Der durch die Kartellvorwürfe wieder ins Blickfeld geratene Riesenkonzern Gazprom ist die größte Firma Russlands, der wichtigste Steuerzahler und ein Mittel der russischen Außenpolitik.

Mittagsjournal, 28.09.2011

Bekannt seit der Gaskrise

Als 2007 auf den Trikots des deutschen Fußballvereins Schalke 04 das Logo des neuen Hauptsponsors Gazprom auftauchte wusste die breite Öffentlichkeit in Westuropa noch kaum etwas über der Erdgas-Giganten aus Russland. Das änderte sich mit der Gaskrise zwischen Russland und der Ukraine im Jahr 2009, als die Versorgung mit russischem Erdgas vorübergehend unterbrochen war. Westeuropa konnte den Ausfall weitgehend durch Lagerbestände abdecken. In mehreren osteuropäischen Ländern, die nach wie vor 100 Prozent ihres Erdgases aus Russland beziehen, fielen vorübergehend aber sogar die Heizungen in Privatwohnungen aus.

Weltweit tätig

Gazprom ist der mit Abstand größte russische Konzern, er kontrolliert mehr als ein Sechstel aller bekannten Erdgasvorräte und dieser Anteil dürfte noch weiter steigen, wenn wie erwartet im arktischen Meer neue Gasvorkommen gefunden werden. Außer Russland ist Gazprom auch in Venezuela, Algerien und Indien an Gasvorkommen beteiligt. Der Gewinn betrug allein im ersten Quartal dieses Jahres elf Milliarden Euro.

Expansion bis zum Kunden

Bisher liefert Gazprom sein Gas in Europa an lokale Energiefirmen wie die österreichische OMV oder E.On in Deutschland, die das Gas dann an die Endkunden weiterverkaufen. Nach und nach versucht Gazprom aber, dieses Geschäft unter seine Kontrolle zu bringen, also die Pipelines und die letzte Meile zum Kunden. In Weißrussland und anderen Ländern Osteuropas ist das bereits gelungen, in Westeuropa leistet die Europäische Kommission gegen dieses Modell aber erbitterten Widerstand.

Speicher in Österreich

In Österreich ist Gazprom durch seine Beteiligung an Wingas präsent, eine gemeinsame Tochter mit dem deutschen Wintershall-Konzern. Wingas betreibt einen Erdgasspeicher in Haidach in Oberösterreich, in dem mehr als ein Viertel des österreichischen Jahresbedarfs an Erdgas gespeichert werden kann. Gazprom-Chef Andrej Miller hat im Sommer angekündigt die Gaspreise in Europa zu erhöhen.

Preis als politisches Druckmittel

In Russland selbst macht Gazprom Verluste, da die Gaspreise für die Haushalte relativ niedrig sind. Diese Verluste müssen durch Gewinne im Ausland ausgeglichen werden. Die Preise richten sich dabei nicht ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien: Länder, die dem Kreml politisch entgegenkommen, können im Gegenzug damit rechnen, dass Erdgas für sie billiger wird.