ESMA-Chef in Wien

EU sucht Mittel gegen Spekulanten

Die Missstände an den Finanzmärkten haben zur derzeitigen Krise beigetragen - Stichwort Spekulanten. Ihnen soll jetzt das Handwerk gelegt werden. Die EU hat deshalb Aufsichtsbehörden errichtet. Der Chef der Europäischen Finanzmarktaufsicht ESMA, der Niederländer Steven Maijoor, will gewisse umstrittene Finanztransaktionen besser in den Griff bekommen und so Spekulanten bekämpfen.

Mittagsjournal, 01.10.2011

EU überprüft genauer

Die Finanzkrise hat Europa aufgerüttelt. Marode Banken und marode Staatsfinanzen in den Griff zu bekommen, das sind die Hauptaufgaben, die zu lösen sind. Aber auch die Missstände an den Finanzmärkten haben zur Krise beigetragen, Spekulanten haben die Krise unnötig zugespitzt, sagen viele Kritiker, ihnen soll das Handwerk gelegt werden. Deshalb sind in der EU drei Organisationen gegründet worden, eine Aufsicht für Banken, eine für Versicherungen und eine für Wertpapiere. Der Chef der Europäischen Finanzmarktaufsicht ESMA, der Niederländer Steven Maijoor, ist für eine Tagung der Österreichischen Finanzmarktaufsicht nach Wien gereist. Seine Behörde, die ESMA, will gewisse umstrittene Finanztransaktionen besser in den Griff bekommen und so Spekulanten bekämpfen.

Staatskassen in Ordnung bringen

Die Angst vor den Spekulanten, die auf die Pleite von Euroländern wetten, will uns Steven Maijoor, der Chef der Europäischen Finanzmarktaufsicht, nicht nehmen: Europa habe fundamentale Probleme, die Politiker wüssten was zu tun sei - soll heißen: bringt die Staatskassen in Ordnung.

Derivate im Visier

Aber gewisse umstrittene Finanztransaktionen will die ESMA besser in den Griff bekommen. Der Handel mit Derivaten etwa soll stärker kontrolliert werden, sagt Maijoor. Das können zum Beispiel Kreditausfallsversicherungen sein oder Termingeschäfte, mit denen man auf Preisentwicklungen in der Zukunft wetten kann.

Diese Geschäfte können Kursentwicklungen stark beschleunigen und eine kleine Krise schnell zu einer großen machen.

Viele dieser Derivate werden außerbörslich gehandelt, von großen Hedgefonds zum Beispiel, deshalb weiß man wenig über diese Geschäfte. Die ESMA setzt sich dafür ein, dass man diese Geschäfte über ein sogenanntes Clearing House abwickelt, man also Einblick bekommt, wer mit wem handelt und wer welche Papiere hält: "wir haben dadurch einen besseren Einblick in den Handel, das kann helfen die nächste Krise zu vermeiden", sagt Maijoor.

Zweifel am Verbot von Leerverkäufen

Auch sogenannte Leerverkäufe nimmt die Europäische Finanzmarktaufsicht ESMA unter die Lupe. Auch das ist eine Handelspraxis, mit der Investoren Kursentwicklungen stark beschleunigen können. Viele Politiker haben ein Verbot gefordert, in einigen Ländern wurden diese Geschäfte auch zum Teil verboten. Solche Verbote seien aber nur in Einzelfällen sinnvoll, man brauche sie nicht in der gesamten Eurozone, sagt Maijoor: Die neue Behörde ESMA helfe diese Verbote länderübergreifend zu koordinieren.

Kritik an Ratingagenturen

Der Chef der Europäischen Finanzmarktaufsicht übt auch Kritik an den Ratingagenturen in den USA, die die Bonität von Staaten und Unternehmen bewerten. Maijoor wünscht mehr Wettbewerb in diesem Markt. Eine europäische Ratingagentur zu gründen, wie von vielen Politikern gefordert, hält er aber nicht für sinnvoll: würde die Europäische Ratingagentur auf Druck der Politik entstehen, hätte sie keine Glaubwürdigkeit.

Für mehr Kontrolle und Transparenz zu sorgen, sei zu wenig, sagt Maijoor, auch der Konsument müsse künftig besser geschützt werden, deshalb diskutiere man darüber gewisse Finanzgeschäfte für Privatpersonen zu verbieten, welche Geschäfte das sind, sagte er nicht.

Trotz der vielen Veränderungen kann uns die neue Behörde die Angst vor der Unberechenbarkeit der Märkte aber offenbar nicht nehmen.