"Streik der Metaller auch Teil der Kultur"
Karlhofer: Im Rahmen der Konsenskultur
Der Konflikt um die Lohnverhandlung der Metaller sei im Rahmen der österreichischen Konsenskultur gewesen, sagt Politikwissenschaftler Ferdinand Karlhofer im Ö1 Mittagsjournal. Österreich könne sich glücklich schätzen, dass nicht jede Dissonanz im Arbeitsleben zu Streiks führe. Ein Streik sei aber auch Teil der Kultur, so Karlhofer.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.10.2011
Ferdinand Karlhofer im Gespräch mit Hubert Arnim-Ellissen
Unterschiedliche Blickwinkel
Die Lohnverhandlungen seien in diesem Jahr schwierig gewesen, weil beide Parteien einen anderen Blickwinkel eingenommen hätten, sagt Politikwissenschaftler Ferdinand Karlhofer. "Die Gewerkschaft hat zurückgeblickt. Sie hat argumentiert, dass die vergangenen Jahre für die Unternehmen gut gelaufen sind. Die Arbeitgeber haben wiederum in die Zukunft geblickt und argumentiert, dass der Wirtschaft eine Krise bevor steht." Das habe natürlich eine Konfrontation zur Folge gehabt. Allerdings sei alles im Rahmen der österreichischen Konsenskultur abgelaufen. Richtig außergewöhnlich seien die Verhandlungen in diesem Jahr also nicht gewesen, so Karlhofer.
"Streiks teil der Kultur"
Ein Streik löse in Österreich bei vielen Menschen zwar Gänsehaut aus, es sei aber eine Kampfmaßnahme, die auch zur Kultur gehöre. Der Zeitablauf sei bei den Verhandlungen in diesem Jahr etwas unglücklich gewesen, sagt Karlhofer. "Die nächste Verhandlungsrunde hätte ja am Donnerstag stattfinden sollen. Die Gewerkschaft hat aber schon vor dem Wochenende mit Warnstreiks begonnen. Dieser Zeitraum wäre viel zu lang gewesen, darum haben sich auch die Präsidenten von Gewerkschaft und Wirtschaftskammer eingemischt", so Karlhofer.
"Alle können Gesicht wahren"
Österreich könne sich glücklich schätzen, wenn nicht jede Konfliktsituation im Arbeitsleben zu Streiks führe. Es sei zu begrüßen, dass man versuche einen Konsens zu finden, "bei dem beide Parteien ihr Gesicht wahren können."
Trotzdem habe die Sozialpartnerschaft nicht mehr den Charakter einer Nebenregierung wie vor 20 Jahren. Die Sozialpartnerschaft selbst halte sich gerade bei Lohnverhandlungen ja eher zurück. Sie würden sich erst einschalten, wenn die Verhandlungen ins Stocken geraten, so Karlhofer.
"Metaller haben Signalwirkung"
Auch der "Österreichische Gewerkschaftsbund" (ÖGB) hat sich laut Karlhofer gewandelt. Die Gewerkschaft versuche, eher integrierend zu wirken. "Die einzelnen Gewerkschaften führen ihre Verhandlungen sehr autonom. Wenn die Metaller-Gewerkschaft als erstes mit den Verhandlungen beginnt, dann wird dieser Abschluss natürlich sehr genau beobachtet." Dieser Abschluss sei aber sicher auch ein Signal für die anderen Kollektivvertragsverhandlungen. Es werde überall mitschwingen, dass die Arbeitnehmer mehr vom Kuchen wollen. Das treffe besonders auf die niedrigen Einkommen zu.