Behandelnde Ärzte in Gefahr

Demonstranten in Spitälern misshandelt

In Syrien gehen die Sicherheitskräfte immer noch mit aller Härte gegen die Protestbewegung vor. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat nun auch verbreitete Misshandlungen in Spitälern aufgezeigt. Verletzte Demonstranten müssen in den staatlichen Spitälern mit Verhaftung, Folter und Misshandlungen rechnen. Ärzte die Demonstranten behandeln können verhaftet werden.

Mittagsjournal, 25.10.2011

Spitäler als Unterdrücksorte

Wer bei einer Demonstration in Syrien verletzt wird, sollte besser nicht ins Spital gehen. Denn da drohen Aktivisten weitere Misshandlungen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet, dass Syriens Regierung die staatlichen Spitäler des Landes als Unterdrückungsinstrumente benutzt. Cillina Nasr hat für Amnesty International in Syrien recherchiert: "Das erste was passiert, wenn ein verletzter Patient aus dem Krankenwagen ins Spital gebracht wird ist, dass diese Person verprügelt wird, durch Pflegepersonal, manchmal auch durch Ärzte, oder von Putzkräften des Spitals."

Sicherheitskräfte: Verletzte einfach mitgenommen

Nasser erklärt dieses Verhalten mit Loyalität zur Regierung, die terroristische Gruppen für die Protestbewegung verantwortlich macht. Viele seien wütend auf die Demonstranten und sehen sie als Verräter, so Nasr. "Die Sicherheitskräfte haben freie Hand in allen Spitälern Verwundete einfach aus dem Spital abzuholen, ohne jemanden informieren oder fragen zu müssen.", so Cillina Nasr von Amnesty International.

Behandelnder Arzt bedroht

Ahmet, ein syrischer Arzt, der das Land inzwischen verlassenhat, erzählt, er habe gesehen, wie ein 13-jähriger Bub mit einer Schussverletzung von einer Krankenschwester getreten worden sei. Er habe die Krankenschwester aufgefordert aufzuhören und sie daran erinnert, dass es im Spital nur um die Behandlung der Patienten gehe. Daraufhin sei er den Sicherheitskräften gemeldet worden, die ihn zu einem Gespräch aufforderten. Dr. Ahmet ist der Einladung nicht gefolgt, er hat stattdessen das Land verlassen.

Auch im neuesten Syrien Bericht von Amnesty International werden Fälle festgehalten, dass Spitalsmitarbeiter, die verletzte Demonstranten behandelt haben, verhaftet und mit Folter bedroht wurden.

Mittagsjournal, 25.10.2011

Heinz Patzelt, Chef von Amnesty International Österreich zur Lage in Syrien

Kaum und späte Reaktionen auf Gewalt

Heinz Patzelt, Chef von Amnesty International Österreich unterstreicht, dass es viel früher klare Worte gegen das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte von Präsident Baschar al-Assad geben hätte müssen.

Die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates China und Russland hätten bislang keine klaren Worte für Syrien gefunden. Eine geschlossene Front der internationalen Gemeinschaft im höchsten UNO-Gremium wäre ein erster Schritt.

Syrien: Warum so lange zugeschaut?

In Libyen habe das Öl große Interventionslust bei den westlichen Staaten ausgelöst. Syrien sei hingegen der Folterexporteur für US-Geheimdienste gewesen, erklärt Heinz Patzelt. Er mutmaßt, dass das wohl der Grund für die lange Zurückhaltung des Westens gewesen sein könnte. Das syrische Regime wisse zu viel Unangenehmes für einige westliche Staaten.