Kurzprosa in allen Spielformen

Cees Nooteboom eröffnet Erich-Fried-Tage

Im Literaturhaus Wien werden am Donnerstag, 24. November 2011 die Erich-Fried-Tage eröffnet, die heuer unter dem Titel "Short Cuts - Kurze Prosa" stehen. Thema wird - der Titel deutet es schon an - die Kurzprosa sein, in all ihren Spielformen vom Comicbuch über die Kolumne bis zur Kurz- und Kürzestgeschichte. Zu Gast ist auch der niederländische Schriftsteller Cees Nooteboom.

Kulturjournal, 24.11.2011

Wolfgang Popp im Gespräch mit Cees Nooteboom

Zur illustren Teilnehmerrunde zählen die deutsche Buchpreisgewinnerin Julia Franck, Kultkolumnist Harald Martenstein, Josef Haslinger und natürlich der Wiener Autor Thomas Stangl, dem am Sonntag der heurige Erich Fried-Preis verliehen wird. Für die Lesung und das Gespräch am heutigen Eröffnungsabend konnte der niederländische Schriftsteller Cees Nooteboom gewonnen werden.

Ein großer Reisender

Seinen 78. Geburtstag hat Cees Nooteboom, der große Reisende unter den Gegenwartsschriftstellern, im Sommer gefeiert, deshalb kürzer zu treten, daran denkt Nooteboom aber nicht. Gerade erst ist er von einer dreimonatigen Reise quer durch Südamerika zurückgekommen.

Auf den Spuren Alexander von Humboldts war er im Hochland von Ecuador unterwegs gewesen, einer seiner Lieblingsstädte Buenos Aires hat er wieder einmal besucht und dann war er auch noch auf einer Dichterlesung in der berüchtigtsten Stadt Kolumbiens: "Medellín hat so eine Reputation wie Mexico – die ganze Stadt hat so ein schwarzes Zeichen – 'Drugs Capital of the World'. Davon hat man nichts gemerkt. Poesie war dort das Thema. Wir haben dort als Dichter für 4.000 Menschen gelesen."

Kultur aktuell, 24.11.2011

Poesie ist zentral

Die Poesie war für Nooteboom immer zentral. Auch wenn er als politischer Beobachter im Einsatz war, beim Prager Frühling etwa, kurz nach Che Guevaras Tod in Bolivien oder 1989 beim Mauerfall in Berlin, stets hat er diese Veränderungen mit den Augen des Dichters betrachtet.

"Bei politischen Ereignissen stehen die Journalisten ganz vorne. Aber ich bin das Männchen, das dahinter durchläuft und von hinten auf die Menge guckt. Der Journalist muss beschreiben, was dort gesagt und getan wird. Das muss ich nicht so sehr tun. Ich bin da für die Atmosphäre", so Nooteboom.

Dokumentarische Kurzprosa

Diese dokumentarische Kurzprosa blieb aber nicht nur Nebenprodukt für Nooteboom, manchmal wurde sie auch zum Anstoß für eine neue Geschichte. Die "Berliner Notizen", seine Betrachtungen zur Wende, führten da etwa zum Roman "Allerseelen". Damals saß er auf Einladung der Getty-Stiftung im sonnigen Kalifornien.

"Ich war weit weg vom eiskalten Berlin und dann ist es als Roman zurückgekommen. Die 'Berliner Notizen' sind wie die Skizzen eines Malers", so der Dichter.

Wechsel zwischen literarischen Formen

Nooteboom hat immer spielerisch zwischen den literarischen Formen hin und hergewechselt. Auf literarische Reisereportagen folgte ein Roman, auf den Roman ein Gedichtband und unmittelbar darauf gesammelte Erzählungen. Gemeinsam ist ihnen der Hang zur Kürze: "Abgesehen von 'Allerseelen' sind alle Romane kurz. Für mich ist es auch eine Form, die ich am liebsten lese. Obwohl es natürlich ganz dicke Meisterwerke gibt. Aber die ganz dicken neuen Bücher, die man so sieht, gehören öfter zum 19. Jahrhundert, finde ich. Aber gut, alles ist legitim, alle müssen tun, was sie nicht lassen können."

Kein Wunder also, dass gerade Cees Nooteboom die heurigen Erich Fried Tage zum Thema Kurzprosa eröffnet. Lesen wird er übrigens aus seinem aktuellen, noch nicht erschienen Buch, den "Briefen an den Meeresgott Poseidon" und aus dem Band "Tumbas", über seine Pilgerreise zu den Gräbern von ihm geschätzter Dichter und Denker.

Textfassung: Rainer Elstner

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Literaturhaus - Short Cuts