"Sieger" steht ohnehin fest
Mäßiges Interesse an der Wahl
In einer Woche wird in Russland ein neues Parlament gewählt, doch das Interesse der Bevölkerung hält sich in Grenzen: Der Sieg der Regierungspartei Einiges Russland steht jetzt schon fest, die Wahlbeteiligung dürfte sehr niedrig sein. Umso intensiver versuchen die Parteien, die Menschen zu den Urnen zu bringen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 26.11.2011
Stimmenfang bei Häftlingen
Das berüchtigte Untersuchungsgefängnis Butyrka in Moskau ist ein ungewöhnlicher Ort für eine Wahlkampfveranstaltung. Aber Wladimir Schirinowski, Vorsitzender der nationalistischen Partei LDPR, will auch hier Stimmen fangen. Mit ungewöhnlichen Argumenten: "Wir lassen euch frei. Ich verspreche euch eine Amnestie nach den Präsidentschaftswahlen. Wenn ich da gewinne, lasse ich alle frei! Am 1. Mai seid ihr auf freiem Fuß!", sagt Schrinowski, schon mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen nächsten März. Was die Untersuchungshäftlinge dazu sagen ist unklar: Ein Gespräch mit den Journalisten ist verboten.
Wer ist die "echte" Opposition?
Schirinowski schimpft vor allem über die Kommunisten, die Liberalen, die Partei Gerechtes Russland. Der Name der Regierungspartei "Einiges Russland" kommt ihm nicht über die Lippen. Kein Wunder, sagen Kritiker, Schirinowski sei doch vom Kreml gekauft. In der Duma hat die LDPR auf jeden Fall fast immer gemeinsam mit Einiges Russland abgestimmt. Eine echte Opposition möchte die Partei Jabloko sein, die eine Kundgebung auf der zentralen Tverskaya-Straße durchführt. Junge Leute, die sich als Katzen verkleidet haben werden festgenommen und abgeführt. Das sei sein Plan für die Duma sagt Parteivorsitzender Sergei Mitrochin: "Genau das gleiche werden wir mit den fetten Katzen machen, die jetzt dafür sorgen dass die Betriebskosten so hoch sind, die das Staatsbudget ausrauben, die auf unseren Taschen sitzen. Dieses Geld fehlt bei der Bildung und damit Ärzte und Lehrer normale Gehälter bekommen."
Fälschungen erwartet
Die Passanten lässt dieser Aktionismus kalt: "Was, Wahlen finden statt? Das ist mir völlig wurscht, wer braucht Wahlen, die sind doch nur für die da Oben!" Laut den aktuellen Meinungsumfragen liegt die Regierungspartei Einiges Russland zur Zeit bei 54 Prozent. An zweiter Stelle liegen die Kommunisten mit 17, Schirinowskis Liberaldemokraten bei 12 und die linksgerichtete Partei Gerechtes Russland bei acht Prozent. Jabloko und die zwei weiteren antretenden Parteien dürften den Sprung über die Sieben-Prozent-Hürde nicht schaffen. So weit die Umfragen. Wie das Ergebnis am Wahlabend aussehen werde, sei ganz etwas anderes, meint Andrej Busin von der unabhängigen Wahlbeobachtungsstelle Golos: "Unsere Statistik zeigt, dass die direkten Wahlfälschungen immer weitere Verbreitung finden, also Fälschungen, die am Wahltag selbst passieren. Wenn wir uns die letzten Wahlen anschauen schätzen wir, dass am Wahltag selbst bis zu 15 Prozent der Stimmen gefälscht werden können." Und solche Fälschungen dürften nötig sein.
Ohnehin entscheidet Putin
Seit Wladimir Putins Ankündigung, nächstes Jahr wieder Präsident werden zu wollen, sind seine Umfragewerte deutlich gefallen - von früher 80 auf jetzt nur mehr 60 Prozent. Auch Einiges Russland stand im Sommer um 10 bis 15 Prozentpunkte besser da als jetzt - Grund genug, dass Wladimir Putin die Führung von Einiges Russland im Fernsehen zu besonderen Anstrengungen aufruft: "Bei diesen Wahlen ist es nötig, dass Einiges Russland ein möglichst gutes Ergebnis erzielt. Denn wenn das Parlament zersplittert ist wie in anderen Ländern, wird es nicht möglich sein, notwendige Entscheidungen rechtzeitig zu treffen, wir werden unsere Versprechen nicht einlösen können und wieder auf Kosten künftiger Generationen leben müssen", sagt Putin - ein Hinweis auf die Schuldenkrise in Europa und den USA. Fraglich ob dieses Argument die Wähler überzeugt. Laut einer aktuellen Umfragen wollen nur etwas mehr als die Hälfte der Russen auch an der Wahl teilnehmen. Und fast ein Drittel glaubt: Wer die Wahl gewinnen wird, entscheiden nicht die Wähler, sondern Wladimir Putin.