Opernminimalismus pur

Steins "Macbeth" in Rom

Riccardo Muti eröffnet die Saison an der Römischen Oper mit "Macbeth" in der Regie von Peter Stein. Die Inszenierung war schon bei den Salzburger Festspielen zu sehen, Stein hat sie für Rom adaptiert.

Kulturjournal, 28.11.2011

Tatiana Serjan ist als ergreifende Lady Macbeth nur in ein blütenweißes Gewand gekleidet. Sie singt vor einem schwarzen Hintergrund - Opernminimalismus pur. Der dramatische Sopran aus Sankt Petersburg ist die einzige Stimme, die auch in der Salzburger Felsenreitschule zu hören war. Die übrige Besetzung ist neu, kann sich aber mit dem stimmgewaltigen Dario Solari als Macbeth und mit Antonio Poli als Macduff wirklich sehen lassen.

Der Star des Abends

Doch der Star des Abends war Tatiana Serjan. Ihre Arie im ersten Akt riss das römische Premierenpublikum zu Beifallstürmen hin.

Keine zwei Wochen bevor am 7. Dezember 2011 feierlich die neue Saison der Mailänder Scala mit einem traditionell mondänen Opernabend eröffnet wird, der das absolute Muss des gesellschaftlichen Lebens in Italien ist, begann die römische Staatsoper ihre neue Saison. Mit Verdis "Macbeth" - und nicht weniger mondän als in Mailand. Staatspräsident und Regierungschef und - ganz anders als zu Berlusconis Zeiten, als sogar der Kulturminister erklärte, dass er keine Opern mag - eine Reihe von Ministern waren anwesend.

Römisch Oper auf der Überholspur

Die römische Staatsoper will aufholen. Nach viel zu langen Jahren der eher mittelmäßigen Inszenierungen, die sich einem erzkonservativen Publikum anbiederten, weht unter Intendant Catello De Martino und Alessio Vlad als künstlerischem Direktor ein ganz neuer Wind an der Staatsoper.

Nach drei schuldenfreien Jahren, fast einzigartig unter Italiens Opernhäusern, kommt die Staatsoper seit einigen Tagen in den unerwarteten Genuss eines Sondergesetzes der Regierung für Rom, das dem Musiktheater eine finanziell recht sorgenlose Zukunft garantiert. Sicherlich, viel Avantgarde und Regietheater wird man am Opernhaus nicht zu sehen bekommen, dafür aber, denn schließlich muss man dem nur langsam lernfähigen römischen Publikum entgegen kommen, Musiktheater des 19. und frühen 20. Jahrhunderts vom Feinsten.

Muti als Supervisor

Das garantiert vor allem die Präsenz von Riccardo Muti bei mindestens zwei Inszenierungen pro Saison und seine ständige Supervision bei der Auswahl der Sänger, des Chores und des Orchesters - ein Verdienst, für das er erst kürzlich mit dem Titel "Ehrendirigent auf Lebenszeit" erhielt.

Muti holte jetzt Peter Stein ans Haus. Für die festliche Saisoneröffnung passte der in Italien lebende bärbeißige Regisseur aus Deutschland seine Salzburger Inszenierung von "Macbeth" der römischen Bühne an.

Neutraler schwarzer Raum

"Die Felsenreitschule ist ja kein Theater, sondern ein Raum, in den ich das in die Breite inszenieren musste", gibt Stein zu bedenken, "während das hier auf eine ganz normale Bühne übertragen wird, von 42 auf 16 Meter reduziert. Ich habe eine Art von Semi-staged-Version gewählt. Ich habe einen neutralen schwarzen Raum, in dem es eigentlich nur Licht gibt."

Für Rom ist das schon sehr modern. Aber durch die historisch anmutenden Kostüme wirkt die Inszenierung klassisch und elegant.

Muti, der Schwierige?

Bleibt die Frage, wie zwei so komplexe und eher schwierige Charaktere wie Stein und Muti zusammenarbeiten. Muti ist ja dafür bekannt, dass er gern den Regisseuren vorschreibt, was sie zu tun haben.

Stein antwortet freimütig: "Das muss man halt alles vorher klären. Ich habe ein tiefgestandenes Programm aufgebaut, das er sehr gerne befolgt hat."

Weitere Zusammenarbeit geplant

Die Zusammenarbeit scheint so gut zu funktionieren, dass Muti und Stein wahrscheinlich auch die kommende römische Saison eröffnen werden, mit "Simon Boccanegra".