"Don Giovanni" unter Barenboim

Saisoneröffnung an der Mailänder Scala

Am Mittwoch, 7. Dezember 2011, eröffnet die Mailänder Scala die Wintersaison. Aufgeführt wird Mozarts "Don Giovanni" unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim und in der Regie des Kanadiers Robert Carsen. Anna Netrebko singt die Donna Anna und tritt erstmals seit acht Jahren wieder an der Scala auf.

Mittagsjournal, 07.12.2011

Appell an die eigene Verantwortung

Kein Bösewicht, der in der Hölle landet: Robert Carsens Don Giovanni verschwindet am Ende von Mozarts Oper, so wie es Librettist Da Ponte vorschreibt, doch dann kehrt er zurück - in einen Smoking gekleidet und eine Zigarette rauchend, wie um zu sagen: Ok, ich bin ein Libertin, aber bin ich so viel schlimmer als meine kleinbürgerlichen Gegner?

Carsen ist davon überzeugt, dass Don Giovanni nicht dafür verantwortlich ist, wenn andere sich verführen lassen. Die Frauen, die er verführt, sind erwachsene Menschen, die wissen müssten, so der Regisseur, was sie tun oder lassen sollten - eine Interpretation, die Dirigent Daniel Barenboim sehr gefällt:

"Klar, Don Giovanni versinkt irgendwo im Erdreich, doch die Moral von der Geschichte ist nicht sein Untergang, sondern sein Appell an die Verantwortung, die seine vermeintlichen Opfer für sich selbst haben. Carsen sagt uns, dass wir nicht andere für unser Missgeschick verantwortlich machen können. Das wird das Publikum schon verstehen."

Spärliche Eröffnungsfeier

Das Publikum wurde von der Scala-Direktion aufgefordert, bei der in der Regel mondänen Saisoneröffnung Zurückhaltung an den Tag zu legen, um, so Scala-Intendant Stephane Lissner, Solidarität mit der Regierung und der übrigen Bevölkerung zu demonstrieren, denn sparen ist angesagt, den Gürtel enger schnallen und da kann die Scala, so Lissner, nicht protzig daher kommen. Also gibt es in diesem Jahre keine teuren Empfänge und Dinner.

Von protzig könne an seinem Haus sowieso keine Rede mehr sein, klagte der Intendant bei einer Pressekonferenz vor zwei Tagen: "Um ein starkes Opernhaus zu haben, das nicht jedes Jahr um sein finanzielles Überleben zittern muss, erwarte ich mir von der neuen Regierung deutliche Zeichen einer neuen Kulturpolitik. Wir können nicht allein von Sponsorengeldern leben. Der Staat und unsere Stadt müssen uns helfen."

Ein Appell, der sicherlich verpuffen wird, denn die finanzielle Notstandsregierung von Mario Monti hat keine entschiedenen kulturpolitischen Maßnahmen getroffen.

Finanzen nicht gesichert

Der von den Berlusconi-Regierungen entschiedene radikale Sparkurs in Sachen Kultur, also auch Musikkultur, dauert an. Auch wenn die Scala das angesehenste italienische Opernhaus ist und über spendable Sponsoren verfügt, steht die Qualität des Hauses angesichts der permanent unsicheren finanziellen Situation immer wieder auf dem Spiel. Deshalb, so der provozierende Aufruf von Daniel Barenboim, sollten die weiblichen Besucher der Saisoneröffnung ihre Juwelen nicht am Hals tragen, sondern am Eingang der Scala als Spenden abgeben.

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Scala - Don Giovanni