Reform, wie auch Kollaps möglich
Nordkorea: Machtwechsel noch unsicher
Für Rüdiger Frank, Nordkorea-Experten an der Universität Wien, ist die Position des jungen Kim Jon Un noch lange nicht gesichert. Es gebe einige potentielle Herausforderer. Ob der Atomwaffenstaat Nordkorea den Weg von Reformen nehme oder auf einen Kollaps zusteuere, sei noch unklar. Machtige Verbündete wie China oder Russland würden daher abwarten, sagt Frank im Ö1-Mittagsjournal.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 19.12.2011
Wolfgang Wittmann spricht mit dem Nordkorea-Experten Rüdiger Frank, Teil 1
Gefahr der Destabilisierung
Die größte Gefahr sei derzeit wohl, dass der neue Führer Nordkoreas, Kim Jong-Un, die Macht nicht wirklich übernehme, sagt Rüdiger Frank. Dann könnte es aufgrund der Machtkämpfe zu einer innenpolitischen Destabilisierung kommen.
Kim Jong Il niemals so populär wie Vater
Der nun verstorbene Kim Jong Il habe niemals die Popularität, das Charisma seines Vaters erreicht, betont Frank. Beim Tod von Staatsgründer Kim Il Sung im Jahr 1994 habe man echte Trauer gesehen. Kim Jong Il habe sich immer als Sachwalter des Vermächtnisses seines Vaters präsentiert.
Unumstrittene Führung
Widerstand habe es gegen Kim Jong Il nie gegeben, ist Experte Frank überzeugt. Das sei durch die Sanktionen des Auslandes noch verstärkt worden. Die Menschen hätten sich wie während einer Belagerung gefühlt. Da diskutiere man die Führung nicht.
Mittagsjournal, 19.12.2011
Wolfgang Wittmann spricht mit dem Nordkorea-Experten Rüdiger Frank, Teil 2
Kim Jong Un's Position noch unsicher
Nach Ansicht von Rüdiger Frank gibt es eine Reihe von etablierten Führungskräften, die nun versuchen könnten, die Macht an sich zu reißen. Potentielle Herausforderer würden sich aber erst jetzt zu Wort melden.
Primat der Politik
Das Militär werde nach Franks Einschätzung weit überschätzt. In den letzten Jahren habe es eine eindeutige Tendenz geben, die Macht der Partei wiederherzustellen und zu festigen. Bisher sei das Militär ein Instrument des Staates. Es würde die Macht nur übernehmen, wenn sich die Politik unfähig zeige.
Reform nach Vorbild Chinas?
Wenn es in Nordkorea jetzt zu einer Öffnung komme, dann sei eine Reform nach dem Vorbild Chinas zu erwarten, sagt Frank. Das bedeute eine Wirtschaftsreform von oben unter Beibehaltung der Einparteienherrschaft. Aber auch eine Kollaps des Staates inklusive einer großen Flüchtlingswelle sei im Bereich des Möglichen.
Westen zurückhaltend
Europa sei gut beraten, sich in die Entwicklungen in Nordkorea nicht einzumischen. Es gebe zu viele unbekannte Faktoren. Die großen Nachbarn China und Russland würden sich wohl auch nicht einmischen, sondern abwarten, meint der Nordkorea-Experte.