Experten zu direkter Demokratie

"FPÖ-Forderungen schwächen Parlament"

ÖVP und FPÖ verhandeln nicht nur über die Schuldenbremse, sondern auch über mehr direkte Demokratie – sprich: Volksbefragungen und Abstimmungen. Verfassungsjuristen finden das durchwegs positiv, aber nicht in der nun von der FPÖ geforderten Form. Die würde nämlich eine Schwächung des Parlaments bedeuten und der Verfassung widersprechen.

Morgenjournal, 22.12.2011

Funk: Geht am Parlament vorbei

Mehr Mitsprache für die Bürger. Sie sollen in Entscheidungen eingebunden sein. Mitentscheiden über den Weg eines Landes einer Stadt. Das klingt gut und Niemand wird etwas dagegen haben. Doch Verfassungsexperten sind vorsichtig. Denn der aktuelle Vorschlag von FPÖ und ÖVP geht deutlich weiter, sagt Verfassungsjurist Bernd Christian Funk: die Idee sei, dass es aufgrund eines Volksbegehrens zu einer verbindlichen Volksabstimmung kommen soll - ohne parlamentarischen Beschluss.

Öhlinger: Änderung der Verfassung nötig

Ein Gesetz könnte also gegen den Willen des Nationalrates beschlossen werden. Das geht nicht, sagt auch Verfassungsjurist Theo Öhlinger. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits einmal klargestellt, dass man keine Gesetzgebung am Parlament vorbei erzwingen dürfe. Sollte man das trotzdem wollen, müsste es eine Volksabstimmung über eine Änderung der Verfassung geben, so Öhlinger.

Für Ausbau direkter Demokratie

Soweit die juristische Komponente. Bleibt noch die politische. So befürchtet Bernd Christian Funk, dass die direkte Demokratie leicht parteipolitisch missbraucht werden könnte.

Direkte Demokratie, richtig verstanden ist aber etwas Gutes, sagt Funk und auch Kollege Öhlinger sieht noch Ausbaumöglichkeiten für die direkte Demokratie, vor allem auf regionaler Ebene.

Und auch Verfassungsjurist Heinz Mayer ist skeptisch was die aktuellen Vorschläge betrifft. Er kann sich aber auch mehr Mitsprache auf regionaler und bei bestimmtem Themen auch auf Bundesebene vorstellen, wie zum Thema Ausbau der Bahn, oder zum Thema Studiengebühren.

Parlament muss letztlich am Zug bleiben

Die Verfassungsjuristen sind sich weitgehend einig. Mehr direkte Demokratie ist wünschenswert, aber das Parlament oder die Landtage müssen das letzte Wort haben. Schließlich sitzen dort die gewählten Volksvertreter.