Scharfe Reaktion der Türkei
Strafen für Leugnung von Völkermord
Die französische Nationalversammlung hat für einen Gesetzesentwurf gestimmt, der das Leugnen eines gesetzlich anerkannten Völkermordes unter Strafe stellt. Dazu zählt das Massaker an den Armeniern in den Jahren 1915 bis 1917, das in Frankreich seit 2001 als Völkermord anerkannt ist, nicht aber von der Türkei.
8. April 2017, 21:58
Abendjournal, 22.12.2011
Bis zu einem Jahr Haft
Nach dem Votum in der Nationalversammlung muss auch noch der französische Senat darüber abstimmen; die Beratungen dort könnten mehrere Monate dauern. Der Entwurf sieht bis zu ein Jahr Haft und eine Geldstrafe von bis zu 45.000 Euro für das Leugnen des Völkermordes vor.
Türkei friert Beziehungen ein
Als Reaktion auf den Beschluss der französischen Nationalversammlung hat die türkische Regierung die militärische Zusammenarbeit mit Frankreich suspendiert. Zudem verfügte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Aussetzung bilateraler Besuche. Die Entscheidung des Parlaments in Paris habe dem türkisch-französischen Verhältnis "sehr schwere und irreparable Wunden" zugefügt, sagte der Premier in Ankara. Aus Protest hat die Regierung in Ankara auch ihren Botschafter aus Paris abgezogen.
Dank an Paris
Armenien hat Frankreich offiziell für ein Genozid-Gesetz gedankt. "Mit dem angenommenen Gesetz bestätigt Frankreich, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit niemals verjähren und es für ihre Leugnung eine klare Verurteilung gibt", zitierten armenische Medien aus der Erklärung des Außenministers. Wegen des Streits um die Gräueltaten ist die Grenze zwischen Armenien und der Türkei geschlossen.
Gut integrierte Volksgruppe
Flucht und Vertreibung während des Ersten Weltkriegs haben Millionen Armenier in alle Welt verstreut. Während Armenien nur rund drei Millionen Einwohner hat, leben gut zehn Millionen ethnische Armenier in der Diaspora. Ihre Zahl in Frankreich wird auf rund eine halbe Million geschätzt. Nach den Gräueltaten der Türken in Armenien fanden dort viele eine neue Heimat. Sie ließen sich vor allem in Lyon und Marseille wieder. Ihre Nachfahren sind gut in die französische Gesellschaft integriert - unter ihnen der Sänger Charles Aznavour, Frankreichs früherer Fußball-Nationalspieler Youri Djorkaeff oder der Modeschöpfer Alain Manoukian. Weil die Franzosen armenischer Abstammung ihre Geschichte in Erinnerung halten, werden sie in Wahlkämpfen als besondere Wählergruppe von den Parteien umworben.