Wie Hollywood es sieht

Stieg Larssons "Verblendung"

Es kommt nicht oft vor, dass Hollywood europäische Filme einer Neubetrachtung unterzieht, doch die sogenannte Millennium-Trilogie des schwedischen Autors Stieg Larsson mit den Titeln "Verblendung", "Verdammnis" und "Vergebung" ist dafür geradezu prädestiniert.

Die Buchreihe wurde mit weltweit 62 Millionen verkauften Exemplaren zum Bestseller, 2009 wurde sie in Schweden auch verfilmt. Nun hat US-Regisseur David Fincher eine weitere Verfilmung des ersten Romans der Trilogie gewagt. Mit Daniel Craig und Rooney Mara in den Hauptrollen ist "Verblendung" in den österreichischen Kinos zu sehen.

Kultur aktuell, 09.01.2012

Das ökonomische Gesicht des Faschismus

Es ist kalt auf der Insel Hedeby im Norden von Schweden, dem Familiensitz der Industriellendynastie Vanger. Hierher kommt man nicht zufällig, auch nicht der Journalist Mikael Blomkvist. Es ist vielmehr die Suche nach einem Mörder und einem dahinter liegenden Familiengeheimnis, die den Journalisten hinein in menschliche Abgründe führt, die im Verborgenen gedeihen, hinter den Fassaden eines gediegenen Wohlstands.

Es ist eine raffinierte Tarnung. Der Faschismus, der letztlich hinter den Verbrechen stecke, habe hier kein vordergründig politisches, sondern vor allem ein finanzielles Gesicht, so Regisseur David Fincher.

Ein wahrer Film Noir

Fincher ist ein Experte in der Sichtung von moralischem und psychologischem Morast, der sich im Unterbewusstsein einer Gesellschaft ablagert, kanalisiert etwa in der Figur des Serienmörders. Hier steht er wie schon in den Filmen wie "Sieben" oder "Zodiac" einmal mehr die Dramaturgie des Mordens in Rätseln und Ritualen auf dem Programm.

Hilfe bei der Spurensuche erhält der Journalist durch die Computer-Hackerin Lisbeth Salander, eine Punk-Erscheinung, deren Lebenswut den Film permanent energetisch auflädt, auch wenn ihre persönliche Geschichte im Gegensatz zum schwedischen Kinooriginal diesmal weitgehend ausgespart bleibt. Am Original habe man sich ohnehin nicht orientiert, so Rooney Mara, vielmehr an der Romanvorlage.

Gegenüber der schwedischen Verfilmung erweist sich dieses US-Remake als noch, gewalttätiger, noch brutaler und düstererer, ein Film Noir im wahrsten Sinne des Wortes, huldigt David Fincher doch exzessiv der Farbe schwarz, poliert sie zugleich aber auch in ihrer Eleganz hoch. Diese ästhetisierte Fassade des Verbrechens trägt letztlich einen morbiden Chic in sich, dem aber eine stringente Erzählweise entgegenwirkt. Diesem Labyrinth des Grauens entkommt man im Kino also ganz ohne Verblendung.

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