Vom Umgang mit psychischen Krankheiten

Das Borderline-Syndrom

Lange galt die schwere Persönlichkeitsstörung Borderline als unheilbar. Doch neue therapeutische Ansätze verhelfen Betroffenen zu einer wesentlich besseren Prognose. Der Weg zurück in den Alltag gelingt aber nur in kleinen Schritten.

Fehlende Gefühlskontrolle

Borderliner leben in einer Welt der Extreme. Ihre Gefühle wechseln zwischen Liebe und Hass, Euphorie und Depression, Selbstzweifeln und Selbstüberschätzung. In der einen Minute werden sie von Emotionen überschwemmt, in der anderen fühlen sie sich gefühlsleer und tot. Die fehlende Kontrolle von Impulsen und Emotionen ist ein zentrales Merkmal von Borderline.

Rund 80 Prozent der Betroffenen verletzen sich selbst. Kein Wunder, dass Borderline-Patienten in Arztpraxen daher nicht gern gesehen sind, sagt Gerhard Lenz, Leiter des Zentrums für seelische Gesundheit in Wien: "Es ist sicher das Bild eines schwierigen Patienten. Und viele nehmen natürlich lieber Patienten, die leichter zu behandeln sind und keine Komplikationen machen. Bei Borderline-Patienten muss man immer mit Komplikationen rechnen."

Neue Behandlungsmethode

Diese Patienten würden sie im System oft durchfallen, so Lenz. Oft werden nur zahlreiche Psychopharmaka verschrieben, die kaum helfen. Eine vielversprechende Behandlungsmethode ist die in Österreich noch wenig praktizierte Schema-Therapie. Die Idee dahinter: Gewisse Schemata aus der Kindheit belasten Borderliner noch im Erwachsenenalter. Viele Patienten sind etwa als Kinder sexuell missbraucht worden, sagt Lenz: "Wenn jemand freundlich die Hand um die Schulter legt, dann werden Erinnerungen aktiviert, dass körperliche Berührung gefährlich ist."

Diese Schemata gelte es zu erkennen und zu durchbrechen. Schema-Therapeuten treiben es so weit, dass sie selbst in die Rolle eines fürsorglichen Elternteils schlüpfen und dem Patienten das geben, was er als Kind nicht bekommen hat: Wärme und das Gefühl, akzeptiert zu werden.

"Das Ziel wäre, in den sogenannten gesunden Erwachsenen-Modus zu kommen, wo man in der Lage ist, sich selbst zu trösten und auch zurechtzukommen mit verschiedenen Impulsen." Das könne zwar Jahre dauern, doch richtig behandelt würden so auch Borderliner lernen, sich im Alltag gut zurechtfinden, sagt Lenz.

Text: Thomas Hadinger