Regierung hält Proteste für gerechtfertigt

China: Aufrührer wird KP-Parteichef in Dorf

Einen Monat nach den Massenprotesten in einem Fischerdorf in Südchina ist der Anführer der Proteste zum neuen KP-Parteichef des Dorfes ernannt worden. In einer seltenen Geste bezeichnet die Führung in Peking die Anliegen der Dorfbewohner als gerechtfertigt. Hunderte hatten im Dezember wochenlang gegen die örtliche Parteileitung demonstriert, die illegal Land an Großunternehmer verkauft hatte.

Abendjournal, 16.1.2012

Anführer der Proteste als Held gefeiert

Was im Fischerdorf Wukan an der Küste Südchinas passiert, das ist höchst ungewöhnlich. Zuerst jagen hunderte Bewohner die örtliche Parteileitung aus dem Dorf. Ihnen wird Korruption und Machtmissbrauch vorgeworfen. Polizei und sogar Armeeeinheiten rücken an und riegeln die Gemeinde ab.

Den Unruhestiftern wie es heißt wird mit harten Strafen gedroht. Verhandlungen zwischen der Provinzführung und den Dorfbewohnern können den Konflikt aber entschärfen. Und dann wird just der Anführer der Proteste zum neuen KP-Chef des Dorfs ernannt. Lin Zulin, ein 67-jähriger Bewohner von Wukan, wird mittlerweile als Held gefeiert.

Prozess gegen alte Parteileitung

Der alten Parteileitung dürfte der Prozess gemacht werden. Dass korrupte lokale Parteikader illegal Land an Unternehmer und Baufirmen verschachern und sich fette Provisionen einstecken, das ist in China Gang und Gebe. Ebenso die öffentliche Wut darüber.

Dass aber ein ganzes Dorf wochenlang dagegen demonstriert und dass die KP-Führung den wütenden Dorfbewohnern auch noch öffentlich Recht gibt, das hat Seltenheitswert.

Regierung will gegen Korruption vorgehen

Das zeigt, dass Chinas Führer über die sozialen Missstände zunehmend alarmiert sind und sie nicht länger ignorieren können.

Und so hat jüngst Chinas Premierminister Wen Jiabao angekündigt härter gegen illegale Landverkäufe und korrupte Kader vorzugehen, die Bauern Land unter dem Banner der wirtschaftlichen Entwicklung einfach wegnehmen.

Doch das Übel hat System. Für lokale Regierungen ist der Landverkauf an Unternehmer und Entwickler nämlich oft die einzige größere Einnahmequelle. So etwas wie einen funktionierenden Finanzausgleich, wo automatisch Geld von der Zentralregierung zu den Gemeinden fließt, das kennt man in China in dieser Form noch nicht.