Ausstellung im Museum für Völkerkunde
Die Schmuckkultur der Naga
Am Dienstag, 31. Jänner 2012, wird im Wiener Museum für Völkerkunde eine Ausstellung über das Volk der Naga eröffnet. Das Nagaland befindet sich im unwegsamen, bergigen Grenzgebiet zwischen Ostindien und Burma und ist etwa so groß wie die Steiermark. Zwei Millionen Menschen leben dort, mit einer hochinteressanten Kultur.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 31.01.2012
Körpertücher mit Bedeutung
Der Titel der Schau - "Naga - Schmuck und Asche" - mag verwirrend klingen, soll aber auf die bewegte Geschichte dieses Volkes hinweisen. So kannten die Naga eine hohe, sehr ästhetische Schmuckkultur, die auch Schnitzarbeiten einschließt. Diese Kultur wurde allerdings durch den Einfluss der britischen Kolonialverwaltung, den baptistischen Missionaren aus Amerika und der indischen Armee zerstört.
Es ist eine bemerkenswerte Kultur, wie die Ausstellung zeigt. Etwa Textilien, also Tücher und Kleider mit auffälligen Mustern, die jedoch nicht nur Dekoration sind. Bis zur Missionierung hätten die Naga eine Schrift besessen, so Christian Schicklgruber, der Kurator der Ausstellung. Sie berichteten über sich selbst mit Schmuckstücken, Körpertüchern und Holzschnitzereien - Zeichen, die etwas über den Träger dieser Tücher aussagten.
So war es Brauch, dass ein Bauer, der eine besonders reiche Ernte eingebracht hatte, für das ganze Dorf ein großes Fest gab, an dessen Ende die Ernte zwar weg war, er dafür aber gewisse prächtige Gewänder oder Schmuck tragen durfte, die ihn besonders auszeichneten. Und allein das war erstrebenswert.
Kopfjagd als Höhepunkt des Lebens
Die Naga haben den Ruf, ein besonders kriegerisches Volk zu sein. Das kommt unter anderem aus ihrem bewaffneten Widerstand gegen einerseits die britischen Kolonialherren, später gegen die indische Staatsmacht. Und untereinander, zwischen den Clans, gab es noch eine Sitte: Sie waren bis 1970 Kopfjäger.
"Es hat angeblich Vorstellungen gegeben, dass in jedem menschlichen Kopf ein Potenzial an Fruchtbarkeit sitzt", so Schicklgruber. Wenn die Naga einen Kopf aus einem Nachbardorf in ihr eigenes Dorf brachten, dann ging diese Fruchtbarkeit auf die eigenen Leute über.
Als besonders fruchtbar galten dabei die Frauen, daher waren sie besonders gefährdet, und gingen nie ohne bewaffnete männliche Begleitung auf die Felder. Ein Frauenkopf brachte besonderes Prestige, erklärt der Kurator, denn damit habe der Mann gezeigt, dass er auch die männliche Bewachung ausgeschaltet habe. Allerdings waren diese Praktiken nicht alltäglich. "Kopfjagd war wie Weihnachten und Ostern gemeinsam", sagt Schicklgruber, "es war der absolute Höhepunkt in einem ganzen Leben".
Eine der größten Sammlungen der Welt
Wie die Kopfjagd sind viele Traditionen verschwunden, und vor allem die junge Generation sucht heute nach ihren Wurzeln und ihrer Identität. Zeugnisse sind eben Schmuck und geschnitzte Objekte aus der Sammlung des Museums für Völkerkunde - Wien hat da eine der größten Sammlungen der Welt, dank den Expeditionen in den 1930er Jahren des Anthropologen Fürer-Haimendorf.
Ältere Nagas erinnern sich noch heute an den Forscher, wovon sich Kurator Schicklgruber selbst an Ort und Stelle überzeugen konnte. So sagten sie ihm: "Wir haben uns damals sehr gefreut, wenn er aufgetaucht ist, weil wir ihm unsere alten Sachen zu einem sehr guten Preis verkauft haben."
Textfassung: Ruth Halle
Service
Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Museum für Völkerkunde ermäßigten Eintritt (EUR 2,-).
Museum für Völkerkunde - Naga