Diskussion auf Sicherheitskonferenz

Auf dem Weg zur Großmacht?

Deutschland soll zur Lösung der Krise als stärkste Wirtschaftsnation die Führung übernehmen. "Zu viel Führung aber nicht",fügen Viele mit Blick auf die deutsche Geschichte hinzu. Ist Deutschland auf dem Weg zur Großmacht – oder ist es das bereits? Darüber wurde bei der Sicherheitskonferenz in München diskutiert.

Morgenjournal, 4.2.2012

Solidarisch aus der Krise

Angela Merkel weilt derzeit in China. Dort wird sie nicht nur als deutsche Kanzlerin gesehen, sondern als die Stimme Europas. Deutschland hat schon längst die Führungsrolle in Europa übernommen – und das muss es auch, sind die meisten Diskutanten überzeugt. Die Frage ist nur, wie diese Führung aussehen soll. Abheben sollte Deutschland auf jeden Fall nicht, sagt der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski. Denn Deutschland habe vor allem von der Europäische Union profitiert. Jetzt gehe es darum, dass Deutschland solidarisch Europa wieder aus der Krise führt - an der Spitze, aber nicht an den anderen Staaten vorbei, wie etwa an Polen. Sikorski: "Polen hat sich pragmatisch - trotz der Geschichte dazu bereit erklärt–Deutschland zu helfen, solange es um Lösungen für Europa geht."

"Deutschland muss Kurs vorgeben"

In der Führungsrollen sehen viele eine Chance für Deutschland vor allem aber für Europa, wie etwa der Chef der Weltbank Robert Zoellick. Wobei er Deutschland zur Vorsicht mahnt: "2012 könnte das Jahr werden, in dem Deutschland die Führung in Europa übernimmt, oder es könnte ein Jahr werden, in dem Deutschland stolpert und den Zorn Europas auf sich zieht." Und zwar, wenn Deutschland nur mit Sparmaßnahmen in Verbindung gebracht wird. "Es geht nicht um dominieren oder um einen Alleingang, es geht darum den Kurs vorzugeben, und das kann nur Deutschland", fügt der Weltbank Chef hinzu.

Nur positiv?

Soviel Ehre freut natürlich die deutschen Vertreter am Podium – etwa den Verteidigungsminister Thomas De Maiziere. Deutschland sei durchaus bereit, weiter Verantwortung zu übernehmen, er hinterfragt allerdings zugleich, ob das wirklich auch die deutsche Bevölkerung mehrheitlich will. Und De Maiziere gibt zu bedenken, ob die deutsche Rolle in der Wirtschaftskrise dauerhaft als positiv angesehen wird, "auch dann, wenn es Richtung Haushaltdisziplin führt?".

Auch im Iran-Konflilkt

Mehr deutsche Führung wird aber auch in anderen Fragen eingefordert, etwa beim Thema Iran. Der Vize-Außenminister von Israel stellt in der Diskussion fest: "Ahmadinedschad und das Ajatollah Regime im Iran ist heute für den Frieden eine Gefahr, wie es Hitler in den 1930er-Jahren war." Daher soll auch Deutschland mehr Druck auf den Iran ausüben, was laut De Maiziere mittels Sanktionen passieren soll. Dabei solle man auch mit Russland und China "möglichst eng beieinander bleiben". Ein Thema, das heute bei der Sicherheitskonferenz noch eine wichtige Rolle spielen wird, wenn die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton und der russische Außenminister Sergej Lavrov hier in München zusammentreffen werden. Auch dabei wird auf die Meinung Deutschlands geachtet werden.

Deutschland wird ernst genommen, aber von Deutschland wird noch mehr verlangt. Das bekommt die Kanzlerin derzeit häufiger zu spüren - bis jetzt nimmt sie die Rolle an.