Widerstand der Länder zu groß
Große Schulreform nicht "machbar"?
Im März will Unterrichtsministerin Schmied (SPÖ) mit der ÖVP einen neuen Anlauf für die Reform der Schulverwaltung nehmen. Einsparungen im zweistelligen Millionenbereich sind angepeilt, dabei wären nach Ansicht von Experten hunderte Millionen Euro zu holen. Wichtige Voraussetzung dafür: Die Macht der Länder in Schulfragen müsste gebrochen werden.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 22.2.2012
Prölls "Horrorszenario"
Vor eineinhalb Jahren, im August 2010, hat Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll im Ö1-Interview verkündet, dass die Spitzen der Bundesregierung einer Verländerung des Schulwesens zugestimmt hätten. Doch Pröll war voreilig: Der Bund hielt an seiner Position fest, dass die Länder in Sachen Schule Macht abgeben müssten, damit das System effizienter werden kann. Jetzt versucht es Erwin Pröll wieder: Er will Bildungsdirektionen schaffen und den Ländern einverleiben, dem Bund bliebe die Vorgabe von bildungspolitischen Zielen, nicht mehr. Für sämtliche Bildungs-Experten ist das ein Horrorszenario.
"Hundert Prozent falsche Richtung"
Das Institut für Höhere Studien (IHS) hat schon vor fünf Jahren eine große Studie über die Ineffizienzen im Schulsystem gemacht, die nach wie vor topaktuell ist. Und darin hat das IHS festgestellt: Die Verländerung des Schulwesens wäre "der Weg in die hundert Prozent falsche Richtung".
Bildungssprecher einig
Genau so argumentieren auch die Bildungssprecher der Parlamentsparteien. Das BZÖ wirft Erwin Pröll Machtdenken vor, das eine echte Schulreform verhindere. Harald Walser von den Grünen warnt: "Wenn wir unser Bildungssystem nicht noch weiter provinzialisieren und noch weiter zurückfallen wollen, dann brauchen wir hier ganz klare Bundesstrukturen. Es darf nicht sein, dass es zu einer Provinzialisierung des Schulwesens kommt."
Auch Walter Rosenkranz von der FPÖ, Obmann des parlamentarischen Unterrichtsausschusses, will, dass der Bund für alle Lehrer zuständig ist, damit die verfahrenen Strukturen endlich aufgelöst werden können: "Das sagen uns alle Experten und das sagt auch die Bundesregierung, das sagen auch die Oppositionsparteien. Und solange man da nicht ganz klar die Kompetenzen festlegt und immer noch Grauzonen übrig lässt, kann eine wirklich effektive Verwaltungsreform nicht gelingen."
Und SPÖ-Bildungssprecher Elmar Mayer redet den Ländern ins Gewissen: "Wenn man es ehrlich meint, dann müsste man aus Sicht der Länder den Weg frei machen für Kompetenzen des Bundes und nicht umgekehrt. Alles andere heißt nur Kantönligeist und Macht in Personalfragen in die einzelnen Länder zu verlagern. Aber das kann es nicht sein."
Koalition des "Machbaren"
ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon war für den Spagat zwischen gemeinsamer Bundesposition und Parteifreund Erwin Pröll nicht zu erreichen. Und das Unterrichtsministerium hält sich in der zentralen Machtfrage bedeckt. Ministerin Schmied spricht neuerdings gern vom "Machbaren". Und machbar erscheint derzeit die Einsparung von fünf Millionen Euro durch die Abschaffung der Bezirksschulräte, in denen 150 Bundesbedienstete arbeiten. Und auch die 18 Millionen Euro, die Schmied bei ihren Ermessensausgaben einsparen muss, will sie durch effizientere Abläufe auftreiben. Das absurde System der Landes- und Bundeslehrer, wo der Bund alles zahlt - nämlich 6,3 Milliarden Euro für 120.000 Lehrer - und die Länder viel zu viel anschaffen, das bleibt tabu. Obwohl dort durch eine zentrale Steuerung ein Vielfaches der Sparziele zu holen wäre.