Morgan Fisher in der Generali Foundation
Jenseits des Rahmens
Lange Zeit war er in Europa kaum bekannt, obwohl er zu den bedeutendsten Künstlern der amerikanischen Westküste zählt. Morgan Fisher ist seit den späten 1960er Jahren eine fixe Größe des US-amerikanischen Experimentalfilms.
8. April 2017, 21:58
Seine Laufbahn hat er in Hollywood als Cutter begonnen. Bald wollte Fisher aber nicht mehr kommerzielles Kino machen, sondern interessierte sich mehr für den Produktionsprozess, der die Kinoillusion entstehen lässt.
Seit den 1990er Jahren hat sich Morgan Fisher auch der Malerei gewidmet. In seinen monochromen Gemälden lenkt er die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Wirkung von Farbe und Fläche. Seine Bilder konzipiert er quasi über den Rahmen hinaus, indem er sie in Bezug zum Ausstellungsraum setzt. Die Generali Foundation versucht nun in der Ausstellung "The Frame and Beyond" Morgan Fishers Wendung vom Film zur Malerei näher zu beleuchten.
Kulturjournal, 01.03.2012
Seine Filme machen sichtbar, was normalerweise im Verborgenem bleibt: Große Filmcrews mit aufwändiger Ausrüstung, cinematographische Apparaturen und Projektoren, 35mm-Zelluloidstreifen. Morgan Fishers Filme wollen keine Geschichte erzählen, sondern setzen vielmehr darauf, Produktionsprozesse sichtbar zu machen. Wie entsteht ein Film? Und wie wird er wahrgenommen? Das sind die zentralen Fragen, die den heute 69-Jährigen schon seit den späten 1960er Jahren umtreiben.
Aus den Regeln ausbrechen
Das Aufbrechen der Kinoillusion ist bei Morgan Fisher ästhetisches Programm. Der Zuseher soll anders als im konventionellen Kino Zeit und Raum nicht vergessen und in eine andere, ferne Welt entrückt werden, er soll ganz im Gegenteil die Vorführsituation bewusst wahrnehmen. Dabei hat Morgan Fishers Karriere in der Traumfabrik Hollywood begonnen. Als junger Mann arbeitet er als Cutter in der Filmindustrie. Das war in den 60er und 70er Jahren - eine Erfahrung, die seine künstlerische Arbeit entscheidend geprägt hat:
"Ich habe begonnen, in der Filmindustrie zu arbeiten, um Geld zu verdienen und habe schnell gelernt, dass das Schneiden eines Filmes sehr strengen, standardisierten Regeln folgt. Der Filmschnitt zielt ganz darauf ab, die Zuseher zu manipulieren. Die Kunst des Filmschnitts besteht darin, dass der durchschnittliche Zuseher die Schnitte nicht bemerkt. Wenn man selber einen Film schneidet, lernt man diese Technik bis zur Perfektion. Meine Reaktion darauf war, dass ich dem etwas entgegen setzen muss."
Meilenstein "Standard Gauge"
In "Standard Gauge", einem Meisterwerk des amerikanischen Experimentalfilms, wandelt Morgan Fisher auf autobiografischen Pfaden. Er spricht über seine ersten Gehversuche in Hollywood, erzählt von seiner Leidenschaft für 35mm-Filmmaterial, berichtet davon, wie er aus Mülleimern Zelluloidstreifen rettete, die als Ausschuss großer Filmproduktionen von Schnittassistenten entsorgt worden sind.
Während seines Berichts, der aus dem Off zu hören ist, sind eben diese 35mm-Filmstreifen zu sehen, Kader für Kader werden sie durch das Bild bewegt. In einer einzigen Einstellung hat Morgan Fisher "Standard Gauge" gedreht, ganz bewusst hat er das Material nicht geschnitten. Denn "Standard Gauge" ist nicht zuletzt eine Kritik am Filmschnitt, wie er sagt.
Gemälderäume
Seit den 1990er Jahren hat sich Morgan Fisher verstärkt der Malerei gewidmet. Laut eigener Aussage habe er zwar immer schon Maler werden wollen, er sei sich nur nie sicher gewesen, ob er wirklich einen eigenen Zugang zur Leinwand finden könne. Denn wie kann man nach dem immer wieder proklamierten "Tod der Malerei" überhaupt noch malen? Was kann man malen?
Fisher entwirft Gemäldeserien, die wie Gemälderäume funktionieren. Er ordnet meist monochrome Bilder in vorgefundenen Architekturen an, so dass die Qualität des Raums betont wird und das Bild sich über seinen Rahmen hinaus ausdehnt. Nicht zuletzt darauf bezieht sich der Titel der aktuellen Ausstellung in der Generali Foundation: "The Frame and Beyond", die das filmische Oeuvre Morgan Fishers mit seiner Malerei in Dialog treten lässt.
Service
Einen Überblick über Morgan Fishers Filmschaffen gibt am 9. und 10. Mai eine Filmschau im Österreichischen Filmmuseum.
Generali Foundation
Österreichisches Filmmuseum