Biografie von Christian Seiler
André Heller. Feuerkopf
Weil es zu umfangreich wäre, all seine Berufe und Berufungen aufzuzählen, nennt man ihn schlicht Multimediakünstler. Die Rede ist von André Heller, der in wenigen Tagen seinen 65. Geburtstag feiert. Am Montag, 5. März 2012, wurde seine Biografie "Feuerkopf" in Wien vorgestellt. Der Journalist Christian Seiler hat sie geschrieben.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 06.03.2012
"Das ganze Leben ist ein ewiges Wiederanfangen." Dieses Zitat Hugo von Hofmannsthals stellt André Heller seiner Biografie voran. Neuanfänge hat es für ihn, den sich lernend Verwandelnden, schon viele gegeben.
"Ich bin ein guter Adieu-Sager", so Heller. "Ich wechsle Wohnsitze und Einstellungen - es wäre ja schrecklich, wenn man mit 65 so denkt wie mit 45. Dann hätte man ja seine Lebenserfahrungschance geschwänzt."
Endlich bei sich angekommen
Polarisiert hat André Heller dabei bis heute. Ob als Moderator der "Musicbox", als Sänger, Theaterautor, Schauspieler, Schriftsteller, Gartenkünstler, Zirkusgründer, Kulturmanager oder politischer Aktivist. Heute mit fast 65 sei er, den man oft als eitel, arrogant und selbstverliebt eingeschätzt habe, endlich bei sich angekommen, so Heller: "Ich hab Jahrzehnte in einem Feind gelebt (...), weil mir immer alles, was von mir kam, nicht subtil genug, nicht tief genug, nicht weit genug, nicht hoch genug war, bis ich gelernt hab, mit mir zu befreunden und bis ich eine wirklich funktionierende Selbstachtung und ein funktionierendes Selbstwertgefühl hatte."
Dass ein so extremes Leben wie das Hellers auch Alkohol, Drogen Schlafmittel, Angstschübe, Zusammenbrüche und Depressionen beinhaltete, versteht sich dabei von selbst und wird in der Biografie nicht ausgespart. "Was hab ich dem Kind in mir alles zugemutet", habe er sich gedacht, als er Christian Seilers Biografie gelesen hat. Ihm hat er in vielen Sitzungen eine Art Lebensbeichte abgelegt. Und Seiler hat sie mit vielen Bildern, und Berichten von Weggefährten angereichert. Heller hätte das bei einer Autobiografie nie gemacht, sagt er, "da hätte ich nur meine Standpunkte zu Protokoll gegeben, während er etwas herausarbeitet, was ich so vielleicht nicht vor die Augen anderer gelegt hätte."
Der Politik den Rücken gekehrt
"Die Eltern", "Die Kindheit", "Das Hawelka", "Qualtinger", "Politik", "Roncalli" oder "Gardone" - so heißen einige der Überschriften in dem Buch. Und Kapitel wie "Die Weltmeisterschaft" oder "Magnifico" zeigen, dass sich Heller auch mit gescheiterten Projekten ehrlich auseinandersetzt.
Gescheitert ist er auch in seinem politischen Engagement. Heller, der sich früher oft zu Wort meldete, die SPÖ unterstützte und sich für Alfred Gusenbauer als Kanzler stark gemacht hat, hat der Politik heute resigniert den Rücken zugekehrt. "Jetzt bräuchten wir die allerbesten Führungskräfte, die nicht die Hosen voll haben vor der nächsten Wahl, die nicht nur Anlass- oder Klientelpolitik machen, sondern die sagen: Wir reden niemandem nach dem Maul, wir kümmern uns nicht um die Boulevard-Zeitungen, sondern wir sind verpflichtet, den Österreichern dieses Land in Qualität zu erhalten. Und davon sind unsere Politiker einfach Lichtjahre entfernt."
Derzeit arbeitet Heller an einem Paradiesgarten in Marrakesch, an einem neuen Roman, an zwei Theaterprojekten und an neuen Liedern. Insofern darf man seine Biografie nur als vorläufige Zwischenbilanz verstehen.
Textfassung: Ruth Halle
Mehr dazu in
Service
Christian Seiler, "André Heller. Feuerkopf. Die Biografie", Bertelsmann Verlag
Heller Garden
Bertelsmann - André Heller