An Schulen hagelt es "Fetzen"
Notenchaos bei Zentralmatura-Probelauf
Schulversuche, die Schüler in ganz Österreich auf die Zentralmatura vorbereiten sollen, sorgen derzeit für Aufregung. In manchen Klassen hagelt es seit September "Nicht genügend" auf Schularbeiten, weil ein neuer Benotungsschlüssel angewendet wird, der so noch nicht gültig ist.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 9.3.2012
Martin Haidinger
Benotung bei Matura wird "strenger"
Alle, die jemals in Österreich eine Schularbeit geschrieben haben, kennen den Code fürs Durchkommen: Die Hälfte der geforderten Leistung reicht gerade aus, um noch ein Genügend auszufassen. Das soll bei der Zentralmatura ab 2014 anders werden.
In der standardisierten Reifeprüfung müssen für ein Genügend 60 Prozent der Anforderung erfüllt werden. Einige Lehrkräfte probieren das bereits in Schularbeiten aus. An Kärntner Schulen hat das zu massenhaft negativen Beurteilungen im Fach Englisch geführt. Ein Phänomen, das sich auch auf ganz Österreich ausweiten könnte. Dabei ist der neue Benotungsschlüssel noch gar nicht gesetzlich gültig, darf also nicht zur tatsächlichen Benotung angewendet werden.
Verwirrung unter Lehrern und Schülern
Und selbst wenn die 60 Prozent einmal in Kraft treten sollten, würden sie nur die Matura betreffen, nicht aber die Schularbeiten, sagt Gerhard Sihorsch vom zuständigen Bundes-Bildungsinstitut BIFIE. Denn für Schularbeiten habe das BIFIE noch gar keine Richtlinien entwickelt, so Sihorsch.
Bei vielen sorgt das für Verwirrung. Und gerade die Lehrkräfte, die ihre Schüler an die Anforderungen der Zentralmatura gewöhnen wollen, sind verärgert, sagt der Kärntner AHS-Lehrervetreter Karl Heinz Rosenkranz.
"Es werden den Lehrern Vorgaben vorgegeben, die dann letztendlich nicht gelten. Wir versuchen, unter chaotischen Voraussetzungen die Schüler möglichst gut auf eine neue Form der Reifeprüfung vorzubereiten, sehen aber, dass es an Zeit und koordinierter Vorbereitung mangelt."
"Jeden einzelnen Fall prüfen"
Allerdings, so die zuständige Kärntner Landesschulinspektorin Susanne Trausnigg, müsse man bei Schulversuchen nach etwas anderen Kategorien vorgehen. Schließlich sei die Beteiligung daran freiwillig und eine Verabredungssache. In Schulversuchen dürfe man sich auch eine andere Form der Beurteilung andenken.
"Wir werden uns jeden einzelnen Fall, der an uns herangetragen wird, ganz genau anschauen. Wenn am Jahresende noch Fragen offen sind, dann werden wir den Eltern und Schülern die Möglichkeit einer Überprüfung bieten", so Trausnigg.
Landeschulrat zieht Konsequenzen
Der Kärntner Landeschulrat wandte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe per Rundbrief an die Direktoren der höheren Schulen: Der Notenschlüssel - vom Bifie für das Unterrichtsministerium für die neue Matura ausgearbeitet - sei derzeit noch rechtswidrig.
"Die alte Leistungsbeurteilungsverordnung ist nach wie vor in Kraft", sagte Landesschulratschef Walter Ebner, Betroffenen Schülern empfahl er vom Recht des Einspruchs gebrauch zu machen.
Auch das Unterrichtsministerium stellte am Freitag in einer Aussendung fest: "Schularbeiten werden nach der geltenden Leistungsbeurteilungsverordnung beurteilt." Ein Vierer sei zu vergeben, wenn ein Schüler gestellte Aufgaben "in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt".