Premiere am Theater an der Wien
Hoffmanns Erzählungen
Für die Inszenierung der Oper "Hoffmanns Erzählungen" hatte man einen der erfolgreichsten Hollywood-Regisseure verpflichtet: William Friedkin. In der Titelpartie war Publikumsliebling Kurt Streit zu hören. Ein vorprogrammierter Erfolg, möchte man meinen.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 20.03.2012
Wie so oft bleiben durch Erfolgsgaranten vorprogrammierte Erfolge aus. Und so wurde auch der gestrige Abend ein szenisch wie musikalisch solider, der bloß durch höflichen Applaus und das eine oder andere Bravo vom Publikum quittiert wurde.
Eine Oper mit vielen Fassungen
Es gibt kaum eine Oper mit so vielen Fassungen wie Offenbachs "Hoffmann". Da gibt es die Pariser und die Wiener Fassung, dann gab's die Rekonstruktion von Michael Kayes und die im Schott-Verlag erschienenen Quellen, aus denen sich nun jedes Theater seine Version zurechtsuchen kann. Wie so viele erhebt auch das Theater an der Wien den Anspruch einer möglichst originalen Version - immer in Hinblick auf die szenische Realisierung.
Unaufgeregt und musikalisch inszeniert
Dirigent Riccardo Frizza öffnet etliche Striche zu selten oder noch nie gehörten Rezitativen und Arien. Im Sinne der Inszenierung wurde die Spiegelarie des Baritons mit verändertem Text dem Abend als Prolog vorangestellt. Ob das gut ist, muss jeder für sich entscheiden.
William Friedkin inszeniert "Hoffmann" in der Gegenwart. Dabei verkörpern die vier Bösewichter die dunklen Seiten des Dichters Hoffmann. Friedkin inszeniert unaufgeregt, sehr musikalisch, dann und wann auch humorvoll. Das letzte an packendem und mitreißendem Musiktheater fehlt aber. Wie auch die Zurückhaltung des Publikums während und am Ende der Vorstellung deutlich zeigte.
Stimmliche Enttäuschungen
In der Titelpartie ist Kurt Streit zu erleben - darstellerisch hinreißend wie immer - stimmlich enttäuschte er. Er muss entweder krank oder erschöpft gewesen sein, die forcierten Höhen wurden im Lauf des Abend immer enger und angestrengter.
Aris Argiris ließ als die Bösewichte Dämonisches in Darstellung und Stimme, die zum Schluss auch stumpf und angestrengt klang, vermissen.
Höhepunkte des Abends
Höhepunkte des Abends waren Mari Eriksmoen, als stimmlich gestochen saubere und souveräne Olympia - szenisch wie man sich eine Puppe nicht besser wünschen kann - und Angel Blue als erotische Giulietta - auch stimmlich.
Die beiden lösten zu recht Ovationen aus, sonst stand am Ende der Premiere höflicher Applaus - fast jeder der Sänger bekam auch noch ein paar Bravos mit auf den Weg.
Textfassung: Walter Gerischer-androck