Gewerkschaft plant Streiks

Streit um Kündigungsschutz spitzt sich zu

Der rigide Kündigungssschutz für italienische Angestellte soll fallen. Regierungschef Mario Monti macht ernst: "Egal was die größte Arbeitnehmervertretung sagt, der Kündigungsschutz wird de facto abgeschafft." Für Italien-Urlauber heisst das, sie können sich auf eine Streikwelle gefasst machen.

Mittagsjournal, 21. 3. 2012

Monti bricht Verhandlungen ab

Auch die größten Veränderungen klingen unspektakulär, wenn sie Mario Monti in seiner gelassenen Art verkündet. So auch diesmal, obwohl es sich um eine wahre Revolution im Bereich des Arbeitsgesetzes handelt. Monti: "Zum Punkt Flexibilisierung des Kündigungsschutzes in Artikel 18 haben alle Sozialpartner zugestimmt. Außer der Gewerkschaft CGIL. Damit ist für die Regierung die Sache beschlossen und die Verhandlungen sind beendet." Das heißt übersetzt: Die Regierung wird den faktischen Kündigungsschutz für Angestellte in Firmen mit über 15 Mitarbeitern abschaffen. Darauf haben sich alle Sozialpartner geeinigt, außer eben die linke Gewerkschaft CGIL.

Auch alte Verträge betroffen

Gewerkschaftschefin Susanna Camusso war nach Beendigung der Verhandlungen sichtlich überrascht, dass Montí die Reform auch ohne ihre Zustimmung durchziehen wird. Vor allem, dass die Reform nicht nur für neue, sondern auch für alte Verträge gelten wird. Camusso: „Tatsache ist, mit dieser Veränderung des Artikels 18 wird der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer abgeschafft.“

Artikel 18 macht Kündigung quasi unmöglich

Zur Erklärung: Der immer wieder genannte Artikel 18 des Arbeitsgesetzes besagt, dass fix angestelle Mitarbeiter einer Firma in Italien nur dann gekündigt werden dürfen, wenn es gerechtfertigte Gründe dafür gibt. Explizit nicht gemeint sind damit ökonomische Gründe. Also auch wenn es einer Firma schlecht geht, dürfen Mitarbeiter nicht auf die Straße gesetzt werden. Ein gerechtfertigter Grund wäre etwa, wenn ein Angestellter die sprichwörtlichen goldenen Löffel stiehlt oder sich sonst strafbar macht. An sich gelten diese Bestimmungen für alle Angestellten. Nachdem sich aber Gewerkschaften bei Firmen mit bis zu 15 Mitarbeitern nicht einmischen dürfen, sind diese vom rigiden Kündigungsschutz ausgenommen.

Und verhindere Anstellungen

Viele Firmen würden ganz einfach ab 15 Mitarbeitern keine neuen Arbeitskräfte mehr einstellen, weil sie sonst unter den Kündigungsschutz fallen. Sie verzichten lieber auf ein Geschäft oder aber sie vergeben nur mehr Zeitarbeitsverträge. Mittlerweile sind 9 von 10 neuen Arbeitsverträgen auf Zeit. So argumentiert die Regierung die geplante drastische Entschärfung des Artikels 18, den es übrigens seit 40 Jahren gibt. Bis Ende der Woche soll der endgültige Entwurf stehen.

Streiks sollen Land lahm legen

Die Abstimmung im Parlament über den Artikel 18 wird vor allem für die Linke PD eine innerparteiliche Zerreisprobe sein. Und die Gewerkschaft CGIL, mit ihren 6 Millionen Mitgliedern, wird auf jeden Fall versuchen das Land durch Streiks lahm zu legen.

Weit weniger spektakulär geht ein anderes Reformpaket über die Bühne: Nämlich die Liberalisierungsmaßnahmen im Bereich Gebühren, Apotheken, Taxigewerben usw. Da wird auch die Abgeordnetenkammer zustimmen. Damit kann das Paket in Kraft treten.