Neubesetzung an Pädagogischer Hochschule

Rot-rote Kraftprobe um Rektorat?

Zu einer SPÖ-internen Kraftprobe könnte die Neubesetzung des Rektorats an der Pädagogischen Hochschule in Wien werden: Die Entscheidung liegt bei Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ). Der Vorschlag kommt vom Hochschulrat, der in Wien von der SPÖ dominiert wird.

Mittagsjournal, 23.3.2012

Suche nach geeigneten Bewerbern

Die Ausbildung der Lehrer und Lehrerinnen sollte durch die Schaffung der Pädagogischen Hochschulen 2007 eine neue Qualität erhalten. Von Universitätsniveau kann aber noch lange keine Rede sein. Der Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser, über die Gründe: "Weil die entsprechenden Persönlichkeiten fehlen, die sich dafür bewerben. Deshalb bin ich ja so froh, dass sich für einzelne Rektoratsfunktionen auch wirklich herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beworben haben."

Wort- und Schreiduelle

Zum Beispiel eben in Wien: Dort hat sich neben anderen Ilse Schrittesser, Professorin für Lehr- und Lernforschung an der Uni Innsbruck und anerkannte Expertin auf diesem Gebiet, um das Rektorat an der Pädagogischen Hochschule beworben. Was das Ministerium mit Wohlwollen gesehen hat. Der Hochschulrat reihte dann aber vor wenigen Tagen mit drei gegen zwei Stimmen die bisherige Vize-Rektorin Ruth Petz an erster Stelle. Heftige Wort- und Schreiduelle sollen dieser Entscheidung vorausgegangen sein, die auch eine Richtungsentscheidung ist.

Länder kämpfen um Einfluss

Für den Grünen Harald Walser geht es um die Frage: "Entwickeln sich unsere Pädagogischen Hochschulen in einem internationalen Vergleich oder bleiben wir in jenen provinziellen Strukturen verhaftet, die wir derzeit haben." Denn die Länder geben ihren Einfluss auf die Pädagogischen Hochschulen ungern auf, wie das Beispiel Wien illustriert. Und Stadtschulrats-Präsidentin Susanne Brandsteidl gibt das auch freimütig zu: "Natürlich ist mir das nicht gleichgültig, wer Rektor wird."

Vertraute des Stadtrats bevorzugt

Brandsteidl sitzt im Hochschulrat, sagt dazu nichts, soll aber bei der Entscheidung für Ruth Petz die Fäden gezogen haben. Petz war früher unter Brandsteidl im Stadtschulrat tätig und ist eine Vertraute des für Bildung zuständigen Stadtrats Christian Oxonitsch. Mit ihr, so das einfache Kalkül, würde die Stadt Wien nicht die Kontrolle über die Pädagogische Hochschule verlieren.

Walser befürchtet "fatale Entwicklung"

Mit einer Entscheidung für die Uni-Professorin Schrittesser könnte sich die Pädagogische Hochschule hingegen weiter- und wegentwickeln - ein Gebot der Stunde, so der Grün-Abgeordnete Walser: "Wir brauchen habilitierte Leute, Menschen, die im universitären Bereich zu Hause sind. Derzeit ist zu befürchten, dass wir an den Pädagogischen Hochschulen in Österreich eher Menschen haben, die zwar aus der Praxis kommen, aber keine weitergehenden Ambitionen haben. Und das halte ich für eine fatale Entwicklung."

Wird Vorschlag "abgenickt"?

Man kann davon ausgehen, dass das Unterrichtsministerin Claudia Schmied ähnlich sieht, eine Stellungnahme dazu ist von ihr derzeit aber nicht zu bekommen. Die SPÖ-Ministerin ist in einer ganz heiklen Situation: Denn die Parteifreunde in Wien erwarten, dass ihr Vorschlag "abgenickt" wird. Das lässt Susanne Brandsteidl durchblicken: "Die Frau Ministerin hat gesagt, dass sie sich alle Dreiervorschläge aller Bundesländer ansieht. Manche sind schon bestätigt, und es wird in der Reihenfolge des Eintreffens gemacht."

Oder setzt sich Schmied durch?

Doch Claudia Schmied hat schon einmal ziemlich spektakulär Mut vor mächtigen Parteifreunden bewiesen: Als sie Dominique Meyer und Franz Welser-Möst 2007 mit der Führung der Wiener Staatsoper betraute. US-Startenor Neil Shicoff, den kein Geringerer als der damalige SPÖ-Chef und Bundeskanzler Alfred Gusenbauer massiv als Operndirektor forcierte, hatte das Nachsehen.