Wegen "moralischer Verbrechen"
Hunderte Afghaninnen in Haft
In Afghanistan sitzen hunderte unschuldige Frauen im Gefängnis wegen sogenannter moralischer Verbrechen. Darauf weist die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hin. Die "Verbrechen" der Frauen bestehen darin, dass sie etwa vor ihren prügelnden Ehemännern geflohen sind, oder sich nicht zwingen lassen wollten, einen Mann zu heiraten, den andere für sie ausgesucht haben.
27. April 2017, 15:40
Abendjournal, 28.3.2012
Frauen kriminalisiert
Sie werden misshandelt, vergewaltigt und gegen ihren Willen verheiratet, Mädchen und Frauen in Afghanistan - und wenn sie versuchen, ihrem Elend zu entkommen, wirft man sie ins Gefängnis.
So werden Opfer kriminalisiert - in Afghanistan keine Seltenheit, vor allem wenn die Opfer Frauen sind.
Polizei verhaftet, statt zu helfen
Human Rights Watch hat zahlreiche Mädchen und Frauen befragt, die festgenommen wurden, weil sie vor einer Zwangsheirat geflohen waren oder sich vor gewalttätigen Ehemännern in Sicherheit bringen wollten.
Eine der hilfbedürftigen Frauen hatte sich an die Polizei gewandt, die sie jedoch sofort verhaftete. Kenneth Ross, der Direktor von Human Rights Watch: Das Verbrechen Wegzulaufen ist nicht einmal ein Verbrechen, nirgendwo auf der Welt wird Weglaufen aus einer Notlage als Verbrechen behandelt - das ist keine Frage von Kultur oder Religion, aber eine Handvoll alter Beamter hat beschlossen, die Scharia vorzuschieben, um Frauen zu Hause festzuhalten, auch wenn sie Gewalt oder Zwangsehen ertragen müssen, so Kenneth Ross.
Regierung schaut weg
Er fordert Präsident Karzai auf, dieser diskriminierenden Praxis ein Ende zu setzen. Der offizielle Sprecher Karzais dreht und windet sich: In den vergangenen zehn Jahren hat sich für Frauen in Afghanistan viel verbessert, sie können zur Schule gehen, werden sogar Regierungsmitglieder, aber natürlich ist noch viel zu tun, und bedenken Sie - Afghanistan ist ein islamisches Land.
Und so müssen Frauen, selbst wenn sie freigelassen werden, weiter in Angst leben, zum Beispiel vor Familienangehörigen, die sie aus Gründen der "Ehre" ermorden könnten.