Kritischer Chef abgesetzt

Radiosender unter Druck Putins

Einen Monat vor der Angelobung von Wladimir Putin als neuer Präsident werden in Russland die Zügel angezogen. Jüngstes Opfer des schärferen Kurses gegen die Opposition ist der Radiosender Moskauer Echo, eines der wenigen Medien, die bisher frei und kritisch berichten konnten. Der Chefredakteur flog nun wohl deshalb aus dem Aufsichtsrat des Senders.

Mittagsjournal, 30.3.2012

Auslöser Dezember-Proteste

Wenn die Signation des Radiosenders Moskauer Echo erklingt, kann man sich darauf verlassen, dass die Nachrichten dem entsprechen, was man international darunter versteht: informiert, ausrecherchiert, kritisch. In Russland ist das Moskauer Echo damit eine der ganz wenigen Ausnahmen in einer Medienlandschaft, die streng von oben kontrolliert wird und in der viele Journalisten gar keinen Zensor mehr brauchen - sie wissen bereits selbst, was nicht auf Sendung gehen darf. Nach den Protesten der letzten Monate versuche die Führung daher jetzt, den Sender endgültig unter Kontrolle zu kriegen, sagt der stellvertretende Chefredakteur Vladimir Varfolomeyev: "Es hat sich schon einiges angesammelt, aber der Auslöser waren die Ereignisse vom Dezember, als die Obrigkeit wirklich Angst bekommen hat, dass einige Medien eine Revolution vorantreiben. Wir betreiben keine Revolution aber dieses Bild dürfte in ihrem Kopf entstanden sein."

Putin beschwerte sich persönlich

Das Moskauer Echo gehört schon länger mehrheitlich zur Medien-Holding des Gasriesen Gasprom und damit indirekt dem Staat. Bisher hat sich das nicht auf das Programm ausgewirkt, auch deshalb, weil mehrere Vertreter der Redaktion im Aufsichtsrat des Senders saßen. In einer außerplanmäßigen Sitzung wurden sie jetzt aus dem Aufsichtsrat entlassen - offiziell um den Sender profitabler zu machen, heißt es. Wladimir Putin persönlich hat sich aber schon mehrmals über die Berichterstattung des Senders beschwert. Varfolomeyev: "Meiner Meinung nach ist das eine ausschließlich politische Angelegenheit. Die Oberste Führung des Landes hat die Gasprom-Media-Holding angewiesen, bei dieser kleinen, aber wie sie meinen unruhigen Radiostation für Ordnung zu sorgen."

Auf die Berichterstattung soll das alles keinen Einfluss haben, versprechen Vertreter der Gasprom-Media-Holding. Für eines der wenigen Medien, die in Russland bisher frei berichten konnten, bedeutet der Wechsel aber auf jeden Fall nichts Gutes.

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