Tuareg rücken vor
Mali: Putschisten zunehmend unter Druck
Die Militärputschisten, die in Mali in Westafrika vor eineinhalb Wochen die Macht übernommen haben, kommen zunehmend unter Druck. Heute Montag läuft jenes Ultimatum aus, das die Nachbarländer den Putschisten gestellt haben. Zugleich rücken aber auch die Tuareg-Rebellen im Norden des Landes weiter vor.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 2.4.2012
Norden unter Tuareg-Kontrolle
Die letzten Tage haben für Malis Armee eine Niederlage nach der anderen gebracht. Am Freitag ist die Stadt Kidal an die vorrückenden Tuareg gefallen, am Samstag dann Gao, und am Sonntag schließlich die historische Oasenstadt Timbuktu. In dem aus dem 11.Jahrhundert stammenden Handelsposten mit seinen berühmten Moscheen, die auch zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören, soll es schwere Plünderungen gegeben haben. Inzwischen kontrollieren die Tuareg den gesamten Norden Malis, ein Wüstengebiet von der Größe Frankreichs, das sie selbst Azawad nennen. Einer ihrer politischen Führer, Hama Ag Mahmoud, erklärt: "Wir wollen nicht über die Grenzen des Azawad hinaus vorstoßen. Wir wollen keine Problem für die Regierung Malis schaffen, und noch weniger Probleme für die gesamte Region. Niemand soll den Eindruck gewinnen, dass wir kriegslüstern sind. Also, wir haben unsere Gebiete befreit, wir haben unser Ziel erreicht, und damit ist unser Vorstoß beendet."
Putsch war kontraproduktiv
Doch selbst wenn die Tuareg-Kämpfer tatsächlich nicht noch weiter vorrücken - Probleme geschaffen haben sie für jene Offiziere der Armee, die vor eineinhalb Wochen Präsident Amadou Toure gestürzt haben, auch so schon mehr als genug: Grund des Putsches war eigentlich der Unmut der Armee, dass Toure nicht hart genug gegen die Tuareg-Rebellion vorgehe, den Soldaten nicht die nötigen Ausrüstung gebe, um den Kampf zu gewinnen. Doch nach dem Sturz des Präsidenten hat die Offensive der Tuareg erst so richtig an Schwung gewonnen.
Gaddafi-Kämpfer kehren zurück
Viele der Tuareg-Kämpfer waren Söldner unter Muammar al Gaddafi in Libyen, nach dessen Sturz sind sie nach Mali zurückgekehrt, kampferprobt und ausgerüstet mit reichlich Waffen und Munition. Und das Machtvakuum nach dem Putsch hat ihnen die Möglichkeit eröffnet, ihrem Traum von einem eigenen Staat im Norden Malis einen großen Schritt näherzukommen. Nun wollen die Putschisten mit den Tuareg verhandeln - doch klar ist für die Bevölkerung Malis bereits: Auch die neue Militärjunta ist militärisch offensichtlich schwach.
Folgenreiche Sanktionen
Und sie hat noch ein zweites Problem: Die Nachbarländer Malis, zusammengeschlossen in der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, haben Angst, dass das Beispiel des Staatsstreiches in der Region Schule machen könnte und wollen die Putschisten daher mit allen Mitteln zur Aufgabe zwingen. Heute läuft ein Ultimatum der Ecowas ab: Die Nachbarn haben Mali gedroht, die Grenzen zu sperren - und das würde die Wirtschaft Malis innerhalb von Tagen in die Knie zwingen. Das Land ist auf Ölimporte angewiesen, wenn sie ausfallen, gehen in Mali bald die Lichter aus, die Pumpen zu Versorgung der Bevölkerung mit Wasser stünden still, der Verkehr käme zum erliegen.
Druck wächst weiter
"Ich hoffe, die Sanktionen treffen nicht die Bevölkerung", drückt der UNO-Sonderbeauftragte für Westafrika, Said Djinit, seine Sorge aus. Putschistenführer Amadou Sanogo hat jedenfalls eine plötzliche Kehrwende vollzogen - ganz offensichtlich, um die drohenden Sanktionen noch abzuwehren: "Wir versprechen feierlich, ab heute die Verfassung Malis aus dem Jahr 1992 wieder in Kraft zu setzen und ebenso alle Institutionen der Republik." Doch ob dieses Versprechen Sanogos ausreicht, die Nachbarländer Malis zufriedenzustellen, ist nicht klar. Sie haben die sofortige Einsetzung einer zivilen Regierung gefordert - und zurückgetreten sind die Putschisten vorerst noch nicht. Doch der Druck auf die Aufständischen wächst - und ausländische Diplomaten glauben kaum noch, dass sie sich noch lange an der Macht halten können.