Vorträge und Lesungen zu Exilliteratur
Else-Lasker-Schüler-Forum
An die Werke von ins Exil vertriebenen oder ermordeten Kulturschaffenden zu erinnern, ist das Ziel der deutschen Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft. Else Lasker-Schüler war eine mit Karl Kraus eng befreundete jüdische Dichterin aus dem deutschen Wuppertal, die vor den Nationalsozialisten in die Schweiz und schließlich nach Palästina flüchten musste.
8. April 2017, 21:58
Höhepunkt der Arbeit der nach ihr benannten Literaturgesellschaft ist das jährlich stattfindende Else-Lasker-Schüler-Forum, das dieses Jahr in Wien zu Gast ist. Dabei wird in über zwanzig verschiedenen Einzelveranstaltungen das Werk der sogenannten Exilanten präsentiert, geehrt, und diskutiert.
Kulturjournal, 11.04.2012
Mit Musik des 1945 im Konzentrationslager Fürstengrube umgekommenen jüdischen Komponisten Gideon Klein wurde am 10. April 2012 das achte Else-Lasker-Schüler-Forum eröffnet. Die szenische Lesung "Verscheucht" bildete anschließend den Höhepunkt des Abends im schlichten Ambiente der Freien Bühne Wieden in Wien.
Die vom deutschen Autor Gerold Theobalt inszenierte Lesung mit Texten von und über Else Lasker-Schüler behandelt das schwere Schicksal der ins Exil vertriebenen Dichterin. Vorgetragen wurden die biografischen Texte von Dagmar Schwarz und ihrer Schweizer Schauspielkollegin Therese Affolter.
Verfolgte Künste
Vorsitzender der ELS-Gesellschaft, wie die Vereinigung kurz genannt wird, ist Hajo Jahn. Der - wie er sagt - politischen Literaturgesellschaft ist es ein wichtiges Anliegen, aufzuzeigen, dass das Thema der "verfolgten Künste" keineswegs nur die Zeit des Nationalsozialismus betreffe. Als Beispiele nennt er China und Russland. Aber auch innerhalb der Europäischen Union gäbe es - beispielsweise in Form des umstrittenen Mediengesetzes in Ungarn - Tendenzen, die nachdenklich stimmen.
Was die Zeit des Nationalsozialismus anlangt, sei die Erinnerungskultur in Österreich und Deutschland in starren Formen von Museen, Gedenkfeiern und Mahnmählern festgefahren. Die Verfolgung und Unterdrückung von kritischen Menschen müsse deshalb ins digitale Zeitalter geholt und aktualisiert werden. Denn nur durch diese Begegnungen könnten Jugendliche heute für die Anzeichen von autoritären Mechanismen sensibilisiert werden. Auseinandersetzung mit dem literarischen und künstlerischen Erbe der Verfolgten und die lebendigen Geschichten, die gegenwärtig Betroffene zu erzählen haben, sei die für Sensibilisierung von Jugendlichen essenziell.
Hazel Rosenstrauch zu Gast
So wird auch die in Berlin lebende Journalistin und Schriftstellerin Hazel Rosenstrauch, selbst Tochter von aus Wien emigrierten Juden, ihre ehemalige Schule in der Stubenbastei besuchen.
Die Flucht in ein fremdes Land, die Flexibilität die dieser Schritt den Betroffenen abverlangt, betreffe, so Rosenstrauch, heute längst nicht mehr jüdische Menschen alleine. Ihren Vortrag wird sie am Donnerstag, 12. April 2012 im Rahmen des Else-Lasker-Schüler-Forums halten.
Schirmherr der Veranstaltungswoche im Zeichen der Erinnerung ist übrigens Aviv Shir-On, der derzeitige Botschafter des Staates Israel in Österreich. Das ELS-Forum tagt noch bis Freitag, 13. April 2012, in der Freien Bühne Wieden und im Akzent Theater.
Textfassung: Ruth Halle