"Angemessene" Urteile gefällt

Menschenhandel: Justiz wehrt sich

Die Justiz wehrt sich gegen Vorwürfe, sie sei im Umgang mit Menschenhändlern zu milde. Es gebe strenge Bestimmungen in Österreich, und man müsse sich jeden Einzelfall ansehen. Opferschutzorganisationen hatten der Justiz vorgeworfen, Menschenhandel werde in Österreich als Kavaliersdelikt betrachtet.

Mittagsjournal, 20.4.2012

Höchststrafe in gesondertem Verfahren

Die Kritik hatte sich vor allem am "Fall Montana" entzündet, weil die sechs Angeklagten mit einmal vier Jahre unbedingt und sonst teilbedingten Strafen abgeurteilt wurden. Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, sagt dazu, der Hauptangeklagte habe in einem gesonderten Verfahren sehr wohl, zwar nicht rechtskräftig, aber doch die Höchststrafe von zehn Jahren bekommen. Dazu komme 30.000 Euro Schmerzensgeld an die Opfer, so Pilnacek: "Das scheint mir doch eine angemessene Reaktion zu sein. Man kann nicht sagen, das die Justiz Menschenhändler generell mit Samthandschuhen anfasst."

Problem Aussageverweigerung

Die Schwierigkeit sei in vielen Verfahren die Beweislage, sagt Pilnacek. Viele Opfer verweigerten die Aussage oder die Aussagen sein widersprüchlich. Und eine Aussageverweigerung bewirke, dass man auch die bisherigen Aussagen vor der Polizei im Ermittlungsverfahren nicht zurückgreifen darf. "Und dann gibt es halt auch für das Gericht in der Hauptverhandlung Probleme."

"Wir sind in einem Aufholprozess"

Aber die Justiz sei mitten in einem Aufholprozess, was den Umgang mit traumatisierten Opfern von Menschenhandel betrifft, so der Sektionschef. Und mit der neuen Strafprozessordnung 2008 habe sich für Verbrechensopfer viel verbessert. Seither gebe es Bemühungen, Opfer entsprechend zu unterstützen - mit Prozessbegleitung, psychosozialer Unterstützung und rechtlicher Beratung. "Es tritt vielleicht nicht so stark nach außen, aber wir sind in einem Aufholprozess."

"Zehn Jahre sind genug"

Den Strafrahmen, zum Beispiel zehn Jahre Höchststrafe für Menschenhandel, hält Christian Pilnacek für angemessen. "Zehn Jahre ist doch ein gewaltiges Ausmaß an Freiheitsentzug." Im Gerichtsverfahren bemühe man sich jedenfalls um größtmögliche Objektivität, so der Sektionschef. Auch Fortbildungen der Justizmitarbeiterinnen und-mitarbeiter gebe es laufend.

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