Necas will dennoch weiterregieren

Tschechien: Koalition aufgekündigt

Auch in Tschechien steckt die Regierung in einer Krise: Premier Petr Necas hat angekündigt, am Freitag den Koalitionsvertrag aufzulösen. Grund ist der Korruptionsskandal beim kleinsten Koalitionspartner, der Partei für Öffentliche Angelegenheiten. Trotz der Auflösung soll die Regierung im Amt bleiben.

Abendjournal, 23.4.2012

Gefürchtete Neuwahlen

Die Partei für Öffentliche Angelegenheiten (VV) ist von einem massiven Korruptionsskandal erschüttert, ihre Graue Eminenz Vit Barta ist nun wegen Bestechung gar verurteilt. Die beiden anderen Regierungspartner, die bürgerliche ODS und die Partei von Karel Schwarzenberg, Top09, wollen nun mit der VV nichts mehr zu tun haben. Ein gerader Schnitt wären Neuwahlen. Doch angesichts katastrophaler Umfragewert will diese derzeit niemand in der Regierung anpeilen.

Bündnis mit neuer Fraktion

So ist nun ein etwas eigenartiger, nur schwer nachvollziehbarer Kompromiss zustande gekommen: "Die Chefs der drei Regierungsparteien sind übereingekommen, dass wir am Freitag unsere Zusammenarbeit aufkündigen", erklärt Premier Petr Necas. "Aber alle drei Parteien werden sämtliche Regierungsvorschläge der letzten Wochen noch unterstützen." Also Aufkündigung der Koalition und trotzdem Weiterarbeiten - wie soll das gehen? Premier Necas will nur mit einigen ehemaligen Abgeordneten der VV-Partei zusammenarbeiten, die angesichts des politischen Ränkespiels der letzten Wochen abgesprungen sind. Diese sollen nun eine eigene Fraktion im Parlament gründen. Bis Mittwoch haben sie dazu Zeit.

Haltbarkeit fraglich

Mit einem solchen neuen Parlamentsklub als Unterstützung hätte die Regierung Necas wieder eine Mehrheit, zumindest eine kleine. Gerade sicher genug, um die notwendigen Budgetgesetze und Einsparungsmaßnahmen noch rasch über die Bühne zu bringen. Lange könne aber so ein Politkonstrukt nicht halten, sind sich politische Beobachter einig, es sehe einmal mehr nach vorgezogenen Neuwahlen aus.