Peking fordert Entschuldigung

Menschenrechtsaktivist verließ US-Botschaft

Der chinesische Menschenrechtsaktivist Chen Guangcheng hat die US-Botschaft in Peking verlassen. Nach sechs Tagen in amerikanischer Obhut sei der blinde Aktivist "aus freien Stücken" wieder gegangen, berichtete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua.

Mittagsjournal, 2.5.2012

Jörg Winter in Peking im Gespräch mit Christl Reiss

Clinton in Peking

Das chinesische Außenministerium forderte anschließend eine "Entschuldigung" seitens der USA, dass der 40-Jährige in die Botschaft gelassen worden sei, wie der Sprecher Liu Weimin laut Xinhua sagte. Zuvor war US-Außenministerin Hillary Clinton vorzeitig zu länger geplanten Gesprächen in Peking eingetroffen.

Beide Seiten hatten bisher über den Verbleib des Bürgerrechtlers geschwiegen, der am Sonntag vor einer Woche nach 19 Monaten unter Hausarrest in seinem Dorf in der Küstenprovinz Shandong geflohen war. Mit Hilfe von Freunden war Chen Guangcheng nach Peking gelangt. Nach Angaben von Freunden wollte der Aktivist China nicht verlassen oder in den USA um Asyl ansuchen. Seine Frau und seine Tochter sind weiter in seinem Dorf unter der Bewachung lokaler Behörden.

"Sicherer Aufenthalt" in China

Die Führung in Peking habe Chen Guangcheng nach US-Angaben einen "sicheren" Aufenthaltsort in China zugesagt. Wie ein US-Beamter am Mittwoch sagte, stellte Chen bisher keinen Antrag auf Ausreise aus China. Er telefonierte demnach bereits mit US-Außenministerin Hillary Clinton, die sich zu einem Besuch in Peking aufhielt. Er habe der Politikerin in dem Telefonat gesagt: "Ich möchte Sie küssen." Chen sei in eine medizinische Einrichtung gebracht worden, um dann mit seiner Familie zusammenzutreffen, hieß es.

Der 40-jährige Chen ist einer von zahlreichen autodidaktischen Anwälten, die sich in China in Menschenrechtsfragen engagieren und Betroffene beraten. Er zog vor allem mit Kritik an der umstrittenen Ein-Kind-Politik den Zorn der chinesischen Führung auf sich, nachdem er erzwungene späte Abtreibungen und Sterilisierungen von Frauen aufgedeckt hatte. (Text: APA, Red.)