Clinton zu Gesprächen in China
Aktivist Chen will doch in die USA
Der Fall des chinesischen Dissidenten Chen Guangcheng überschattet weiterhin die Gespräche von US-Außenministerin Clinton in Peking. Hatte es zuerst geheißen, der Menschenrechtsaktivist hätte die US-Botschaft in Peking aus freien Stücken verlassen, so hat Chen selbst diese Aussage mittlerweile revidiert. Die chinesischen Behörden hätten seine Familie unter Druck gesetzt.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 3.5.2012
Aus Peking,
Doch nicht freiwillig
Ein bekannter chinesischer Dissident flüchtet in die US-Botschaft in Chinas Hauptstadt. Die USA und China verhandeln über sein Schicksal. Nach sechs Tagen verlässt Chen Guangcheng die Botschaft. Und das freiwillig nachdem die chinesischen Behörden ihm und seiner Familie Schutz und Sicherheitsgarantien gegeben hatten. So hat es US-Außenministerin Clinton dargestellt, die gestern zu schon länger geplanten Gesprächen in Peking eingetroffen war. Doch der blinde Menschenrechtsaktivist, der sich derzeit in einem Krankenhaus in der Hauptstadt aufhält, bestreitet mittlerweile diese Version:
„Hätte ich die Botschaft nicht verlassen, dann hätten die chinesischen Behörden meine Familie gefährdet. Ich hatte auch das Gefühl, dass die amerikanische Regierung froh ist wenn ich gehe“ sagt Chen in einem Telefoninterview. „Wäre ich in China sicher, würde ich gerne bleiben. Aber ich habe die Hoffnung verloren“.
Will China verlassen
Chen will also jetzt China verlassen. Die US-Behörden sagen, dass Chen während seines Botschaftsaufenthalts allerdings nie darüber gesprochen habe. Sie bestreiten auch, dass ein US-Diplomat Chen gegenüber gesagt haben soll, dass dessen Frau zu Tode geprügelt werde wenn er die Botschaft nicht verlassen würde.
Vieles bleibt derzeit im Dunkeln. Etwa die Frage, wie die USA die Sicherheitsgarantien, die China dem Dissidenten angeblich gegeben hat, überwachen wollen wo sich Chen doch jetzt auf chinesischem Staatsgebiet in einem Krankenhaus aufhält.
USA um Deeskalation bemüht
US-Außenministerin Clinton spricht die Frage der Menschenrechte heute zum Auftakt des chinesisch-amerikanischen Forums zwar an, Chen Guangcheng erwähnt sie aber mit keinem Wort: „Für die USA ist die Frage der Menschenrechte und der Freiheit wichtig. Wir glauben, dass alle Regierungen die Pflicht haben, dem Wunsch der Menschen nach Würde und Rechtssicherheit nachzukommen. Und das kein Land das Recht hat, diese Freiheiten ihren Bürgern vorzuenthalten.“
Ähnliches war bei Staatsbesuchen in China immer wieder zu hören. Die USA sind ganz offensichtlich bemüht, die Affäre um den blinden Dissidenten nicht eskalieren zu lassen. Doch nach den jüngsten Aussagen Chens, wonach er und seine Familie doch China verlassen wollen, kommen die USA unter Druck. Der Vorwurf steht im Raum, die Amerikaner hätten Chen zum Verlassen der Botschaft überredet, um die derzeit laufenden Gespräche mit China nicht zu gefährden.