Pamela Samuelson zum Copyright

Neues Urheberrecht fürs Netz gesucht

Das Internet und das Urheberrecht. Diese Diskussion ist nicht neu, Maßnahmen wurde ergriffen, die manchmal ungenügend sind, dann wieder über das Ziel hinausschießen, wie etwa, wenn man einem User, der drei Mal bei einem illegalen Download erwischt wird, den Netzzugang sperrt.

Wie soll ein modernes Urheberrecht aussehen? Wie kann es international durchgesetzt werden? Solche und ähnliche Fragen wurden bei einem Symposium Ende voriger Woche in Wien gestellt. Unter dem Titel "Recht auf Wissen - für eine progressive Netzpolitik" haben Vertreter der SPÖ, der deutschen SPD sowie der sozialdemokratischen Fraktion des EU-Parlaments zu dieser Veranstaltung gerufen.

Festrednerin war die US-amerikanische Juristin Pamela Samuelson, sie lehrt "Gesetz und Informationsmanagement"(law and information managment) an der University of California in Berkeley. Prof. Samuelson verlangt u.a. ein flexibleres Copyright-Gesetz.

Kulturjournal, 07.05.2012

Das aktuelle Urheberrecht kann schon zu erstaunlichen Blüten kommen. Pamela Samuelson zitiert einen Fall, der in den USA viel Staub aufgewirbelt hat:

"Dafür, dass eine Frau 24 Songs illegal heruntergeladen hat, verurteilte sie ein Gericht zu 1,9 Mio. Dollar Strafe. Das ist völlig übertrieben. Das sind genau die Dinge, warum Vertreter der jüngeren Generation sich nicht an Urheberrechte halten, und mein Anliegen ist es, Dinge zu tun, die zum Respekt des Urheberrechts führen."

Pamela Samuelson fordert einen flexibleren Umgang mit dem Gesetz. So müssen man sehr wohl zwischen einem kreativen Umgang mit Elementen, die man sich aus dem Netz holt, und Gesetzesbrechern, sprich Fälschern unterscheiden.

Freier Zugang außerhalb des Urheberrechts

In jüngster Zeit wird auch der Zugang zum öffentlichen Bereich neu bewertet. So wurde dieser Bereich mit abgelaufenen Urheberrechten wie eine Art Mülleimer behandelt, als Sterbehaus für abgelaufenes Urheberrecht. Das hat sich jetzt geändert, und man ist sich der Wichtigkeit dieser Materie sehr wohl bewusst.

"Wir alle benützen täglich diesen öffentlichen Bereich, das sind nützliche Informationen, Nachrichten, etwa für Journalisten", so Samuelson. "So ist dieser öffentliche Bereich ein Wert außerhalb des Urheberrechts, der nicht von diesem Copyright geschützt ist. Da soll jeder einen freien Zugang haben. Es gibt ja auch Blogs oder Fotos, die zeigen, was man am Abend gegessen hat, oder Dinge mit historischem Hintergrund, und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das Teilen von Information im digitalen Umfeld ein positiver Wert ist."

Vorschlag einer Flat Tax

Nun, wie kann aber Urheberrecht abschreckend auf illegalen Download wirken? Pamela Samuelson gibt ein Beispiel: "Angenommen, ich kaufe eine DVD und kopiere den Film auf meine Festplatte - da entsteht ein Schaden von etwa 9 Euro, den Preis einer neuen DVD. Da ich den Film aber nicht vervielfältigen möchte, gibt es da keinen weiteren Schaden für die Hersteller, bzw. Autoren."

In diesem Kontext plädiert etwa Hollywood für eine Strafe von 500 Euro für jedes illegal heruntergeladene Werk, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen. "Ich bin mir da nicht so sicher, und auch wenn es funktionieren sollte, gibt es da noch zusätzliche Kosten für gerichtliche Verfahren", meint Samuelson, "und außerdem müssten dann Leute, die nur einen einzigen Film heruntergeladen haben, 500 Euro zahlen."

In dieser Diskussion ist auch der Vorschlag einer Flat Tax gekommen, also eines pauschalen Fixbetrages nach dessen Zahlung man beliebig herunterladen könne. "Ich hätte mir gewünscht, dass so etwas verabschiedet wäre, aber es sieht nicht danach aus, wenn man sich die Reaktionen der Unterhaltungsindustrie ansieht", sagt Samuelson. "Man hätte es zumindest probieren sollen, denn da hätten einerseits die Kreativen Einnahmen, und andrerseits würde es verhindern, Millionen von Mitbürgern als Urheberrechtsbrecher zu behandeln, nur weil sie einfach coole Musik hören wollen."

Unglückliches ACTA

Wie es der Zufall will, hat Ende der vorigen Woche EU-Kommissarin Neelie Kroes das umstrittene Urheberechtsabkommen ACTA für tot erklärt. Die vielen Proteste gegen ACTA hätten die Politiker in Brüssel geweckt. ACTA steht übrigens für "Anti Counterfeiting Trade Agreement", das 2010 zwischen der EU, den USA und neun weiteren Staaten ausgehandelt worden ist. Die EU hat das Abkommen unterzeichnet, es braucht aber noch die Zustimmung der Mitgliedstaaten und des EU Parlaments.

Auch Pamela Samuelson ist eine heftige Gegnerin von ACTA: "Ein wirklich schlechter Vertrag, sowohl was den Inhalt betrifft, als auch die Art, wie er zustande gekommen ist, und schließlich wegen seiner Auswirkungen." So sei der gesamte Verhandlungsprozess geheim abgelaufen, und auch die Auswirkungen des Gesetzes seien sehr weitgreifend und würde eine allgemeine Verschärfung der Gesetzeslage im Sinne einer Kriminalisierung nach sich ziehen.

"Es passiert ja immer wieder, dass manche meiner Studenten oder Leute, die Sie kennen, in ein Kino gehen und mit ihrem iPhone eine Szene, die ihnen gut gefällt, filmen: Die könnten dann wegen Urheberrechtsbruchs ins Gefängnis wandern. Ich glaube nicht, dass das etwas ist, was wir wollen", sagt Samuelson.

Textfassung: Ruth Halle

Service

University of California - Pamela Samuelson

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