Tagung "Das Recht auf Wissen" in Wien
SPÖ will flexibleres Urheberrecht
Die Sozialdemokraten fordern eine Flexibilisierung des Urheberrechts auf europäischer Ebene. So sollen Wissenschaftler etwa ein "Zweitveröffentlichungsrecht" ihrer Forschungsergebnisse bekommen. Bei der SPÖ-Tagung "Das Recht auf Wissen“ wird derzeit über ein modernes Urheberrecht diskutiert.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4.5.2012
"Brauchen eine Form des Dialogs"
Die Sozialdemokraten würden sich nicht als Feinde der sogenannten Urheberrechtsindustrie sehen, doch bedingungslos kostenlose Netzinhalte für alle könne es auch nicht sein, findet SPÖ-Kultursprecherin Sonja Ablinger. Es sei Zeit für eine Diskussion zwischen allen Beteiligten, für einen Interessensausgleich zwischen den Kreativen, den Konsumenten und den Produzenten, den Vermittlern von oft nachgefragten Internet-Inhalten.
Ablinger glaubt nicht, dass Diskussionen über "Raubkopierer sind Verbrecher" hilfreich sind. "Wir brauchen eine Form von Abrüstung und gemeinsamen Dialog", so die SPÖ-Kultursprecherin.
Methoden oft „überschießend“
Der Kampf ums Geld im Netz findet weltweit statt, berichtet Sonja Ablinger. Sie erzählt etwa von einer Krankenschwester, die für das widerrechtliche Herunterladen von 24 Liedern aus dem Netz mit einer Strafe von 1,9 Millionen Euro belegt worden sei. Da wundere sich die SPÖ-Politikerin nicht, dass die Netznutzer oft wenig Verständnis dafür hätten, dass die Nutzung von Werken manchmal auch etwas Kosten müsste. "Wenn solche überschießenden Maßnahmen gesetzt werden, dann ist jedenfalls klar, dass es Akzeptanzprobleme gibt."
Auch Lars Klingbeil, Mitglied des deutschen Bundestages und netzpolitischer Sprecher seiner Fraktion, warnt vor überschießenden Methoden bei der Durchsetzung von Urheberrechtsansprüchen. Er kenne die Modelle, die derzeit diskutiert werden: "Wer dreimal beim Downloaden erwischt wird, dem wird das Internet gesperrt." Das sei eine zensurähnliche Struktur, die aufgebaut werde. Er fordert stattdessen eine neue Balance zwischen Verwertern, Nutzern und Urhebern.
"Schatz, der verloren gehen kann"
Diskutiert wurde am Freitag auch über sogenannte "verwaiste Werke". Bei diesen sei nicht ersichtlich, wer derjenige ist, der entspreche Urheberrechtsansprüche stellen könne, sagt die sozialdemokratische EU-Abgeordnete Evelyn Regner. "Die British Library hat das auf 43 Prozent geschätzt und das ist natürlich ein unglaublicher Schatz, der verloren gehen kann."
Urheberrecht muss flexibilisiert werden
Die Sozialdemokraten sprechen sich österreich- und europaweit für eine Flexibilisierung des Urheberrechts aus. Beispiele dafür: Gerichte sollten mehr Spielraum haben, um einen Interessensausgleich zu schaffen. Kinderbetreuungseinrichtungen sollten bei der Nutzung von Netzinhalten privilegiert werden. Wissenschaftler sollten ein sogenanntes "Zweitveröffentlichungsrecht" ihrer Forschungsergebnisse bekommen. Es könne nicht sein, dass der Verlag der Erstveröffentlichung quasi dann auf dem Wissen sitzt und damit den wissenschaftlichen Diskurs behindert, heißt es von den Sozialdemokraten.