Das Gesamtwerk im Filmmuseum

Olivier-Assayas-Retrospektive

Das Österreichische Filmmuseum würdigt mit einer Gesamtschau das bisherige Schaffen eines Künstlers, der zu den Ausnahmeerscheinungen des gegenwärtigen europäischen Kinos zählt. Assayas wurde 1955 in Paris in eine ungarisch-italienische Familie geboren. Als Sohn eines Drehbuchautors ging er aber seinen ganz eigenen Weg.

Kultur aktuell, 12.05.2012

Für ihn, so Olivier Assayas, sei Kino nichts anderes, als ein Werkzeug das es ihm ermögliche die Welt zu entdecken. Es gehe ihm nicht darum Filme zu machen, sondern darum, die Möglichkeit zu haben sich mit der eigenen Gegenwart, und den eigenen Sichtweisen auseinanderzusetzen.

Dabei bedient sich Assayas in seinen Filmen immer neuer Zugänge, durchwandert verschiedenste Genres. Jeder Film sei für ihn eine neue Reise. Wobei es ihm letztlich immer um die Transformation der Figuren gehe. Denn, so Assayas, jede Figur in einem Film, müsse dem Zuschauer zumindest die Hoffnung geben, dass sich etwas ändern könne.

In seinem Film "Clean" erzählt Assayas den Lebenswandel einer jungen Musikerin. In "Cold Water" begleitet er zwei Teenager im Frankreich der 70er Jahre, und in "Irma Vep" begibt sich Assayas über einen Film im Film auf eine Spurensuche innerhalb des Mediums selbst. So unterschiedlich seine Filme dabei sind, immer enden sie abrupt, vermitteln das Gefühl, dass die Geschichte noch nicht abgeschlossen sei. Jedes Filmende, so Assayas, sollte dem Zuschauer noch die Möglichkeit geben, die Geschichte weiterzudenken.

Assayas bisher aufwendigstes Projekt war sein letzter Film, ein Biopic über den Terroristen Carlos. Ein Film, der ihm auch aufgrund der Laufzeit von über fünf Stunden, die Möglichkeit gegeben habe, sich mit komplexen Themen auseinanderzusetzen, die sonst nur selten auf der Leinwand gezeigt werden können.

Die Vernetzungen und die Komplexität der globalen Politik. Die Zusammenhänge zwischen Terrorismus und medialen Strategien. Von Carlos Machenschaften in Palästina, in Syrien oder im Irak - bis hin zur OPEC Geiselnahme in Wien, habe er sich hier in einem Film mit 25 Jahren Zeitgeschichte auseinandersetzen können. Was in einem normalen Format niemals möglich gewesen wäre.

Wie in all seinen Filmen wechselt Assayas dabei auch in "Carlos" permanent zwischen verschiedenen Sprachen. Für ihn sei der Austausch zwischen den Kulturen ein zentraler Aspekt unserer heutigen Gesellschaft, so Assayas. Darum gehe es in seinen Filmen, und das sei auch das Spannende in einer globalisierten Welt.

Seit vergangenem Sonntag hat Frankreich mit Francois Hollande einen neuen Präsidenten. Den in den letzten Tagen immer wieder angekündigten politischen Wandel, erwarte er sich aber nicht, so Assayas. Weder auf französischer, noch auf europäischer Ebene.

Die Politik, in Frankreich wie auch in anderen europäischen Ländern sei zu selbstbezogen. Politiker würden im Wahlkampf so auftreten, als gebe es die Welt rundherum nicht. So sei es im gesamten französischen Wahlkampf nicht ein einziges Mal wirklich um Europa gegangen.

Und, so Assayas weiter, was man sich von Hollande erwarten könne, sei schwierig zu sagen. Sein Programm habe zumindest wenig Aufschluss darüber gegeben.

Politische Aufbruchsstimmung verspricht hingegen Assayas nächster Film "Something In The Air", der im Oktober in den französischen Kinos anlaufen wird: Angesiedelt in der Zeit um 1968, thematisiert Assayas darin seine eigene Jugend, zwischen politischem und künstlerischem Erwachen.