Neuer Stern am Regie-Himmel

Porträt Herbert Fritsch

Seit Sonntag, 13. Mai 2012, ist in der Garage X Joe Ortons schwarze Farce "Beute" zu sehen, inszeniert von Herbert Fritsch. Der Schauspieler an Frank Castorfs Volksbühne und experimentelle Filmemacher ist seit einigen Jahren unter die Regisseure gegangen und hat geradezu Sensationelles geschafft.

Letztes Jahr war Fritsch gleich mit zwei Inszenierungen beim Berliner Theatertreffen eingeladen und auch heuer ist er wieder unter den zehn besten deutschsprachigen Inszenierungen des Jahres. Mit Ende 50 ist Fritsch also zum Senkrechtstarter geworden.

Kulturjournal, 14.05.2012

Wie die Schauspielerinnen und Schauspieler durch Joe Ortons schwarze Kriminalfarce stolpern, wie sie in einem irrwitzigen Tempo diese Spiel um eine versteckte Diebesbeute und eine versteckte Leiche abspulen, das verblüffte und begeisterte auch das heftig applaudierende Publikums bei der Premiere in der Garage X.

Die "Beute" ist schon eine typische Regiearbeit von Herbert Fritsch, die er im Theater im deutschen Oberhausen 2009 inszeniert. Damals war er allerdings als Regisseur noch wenig bekannt. Das änderte sich schlagartig seit seiner doppelten Einladung zum Berliner Theatertreffen. Garage-X-Leiter Harald Posch hat ihn für sich entdeckt, als Fritsch eigentlich seine erste Inszenierung nm Wien abliefern wollte - das war 2005, als Michael Schottenberg am Volkstheater plötzlich Meyrinks "Golem" absagte, und Posch aus Solidarität mit dem gefeuerten Regisseur seinen Kontakt suchte.

Schwank beim Berliner Theatertreffen

Dr große Hit an der Berliner Volksbühne von Frank Castorf ist derzeit "Murmel Murmel", ein Text des Fluxus-Künstlers Dieter Roth, der Hunderte Seiten eines Buches mit dem Wort "Murmel" füllte und den Fritsch nun musikalisch, halsbrecherisch, grotesk in Szene gesetzt hat.

Beim Theatertreffen in Berlin, das in einer Woche endet, hat Herbert Fritsch heuer auch "Die (s)panische Fliege" gezeigt, einen Schwank von Arnold und Bach, bei dem das Ensemble auf und unter einem Orientteppich herumturnt, Trampolinspringen übt und in Gründerzeitkostümen brilliert, allen voran Sophie Rois, die auch den Darstellerpreis des Theatertreffens bekommen hat.

Interesse für verklemmte Figuren

Im vergangenen Jahre war Herbert Fritsch gleich mit zwei extrem künstlichen und kontroversiell diskutierten Inszenierungen beim Berliner Theatertreffen eingeladen, mit Hauptmanns "Biberpelz" und einer maskenhaften, grellen "Nora" von Ibsen - was nicht allen recht war, so brüllte Claus Peymann "Aufhören" und meinte, das Theatertreffen sei am Ende.

Herbert Fritsch war ja vorher über lange Jahre ein Star von Frank Castorfs Ensemble an der Berliner Volksbühne, wo er immer wieder als Schauspieler über die Schmerzgrenzen gehen musste. Vor zehn Jahren hatte er genug davon und wollte sein eigenes Theater der Künstlichkeit, des Neoexpressionismus begründen, was anfangs gar nicht so leicht war und viele Kämpfe erforderte.

Was ihn interessiert, sind nicht die scheinbar ach so lockeren Menschen unserer Zeit, sondern diese verklemmten und verkrampften Figuren, oft grell geschminkt, in ihren Nöten und Neurosen, wobei er die Maschinerie der Komödie und der Farce bedient wie kaum ein anderer. Sein Credo lautet dabei: "Ich möchte Theater spielen und den Leuten vormachen, ich bin echt, nein, ich spiele Theater!"

"Die Beute" von Joe Orton ist übrigens heute noch einmal in der Garage X am Wiener Petersplatz zu sehen, im Herbst wird die Produktion aus Oberhausen dann ganz nach Wien übersiedeln.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Garage X ermäßigten Eintritt (50 Prozent).

Garage X