Reformen bleiben Griechen nicht erspart
Wifo: "Euro-Austritt löst keine Probleme"
Wohin wird die Griechenlandkrise noch führen? Direkt in die Pleite, meinen viele Politiker und Leute an den Finanzmärkten. Andere Wirtschaftsexperten sehen den einzigen Ausweg darin, dass Griechenland den Euro aufgibt. Wirtschaftsforscher Fritz Breuss sieht in dieser Variante nur wenige Vorteile.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 15.5.2012
Kein Verhältnis zu negativen Folgen
Hätte Griechenland die Drachme wieder, könnten zumindest manche Branchen der Wirtschaft aufatmen, sagt Fritz Breuss, Europaexperte des Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Denn die Währung würde abwerten und das würde griechische Produkte wettbewerbsfähiger machen, wie zum Beispiel den Tourismus, aber auch Nahrungsmittel wie Oliven. Das stünde aber in keinem Verhältnis zu den negativen Folgen. Die Griechen könnte sich mit Drachmen in der Geldbörse ihre Importe, die in Euro verrechnet werden, nicht mehr leisten. Das würde auch im Inland die Inflation anheizen und zu Kaufkraftverlust führen, so Breuss.
Reihenweise Bankpleiten
Und auch die Schulden, die derzeit in Euro berechnet werden, wären in Drachmen entsprechend höher. Die Schuldenberge würden damit noch größer, und jeder Grieche würde versuchen sein Geld schnell abzuziehen, so Breuss: "Die Banken würden möglicherweise reihenweise Pleite gehen."
Reformen bleiben notwendig
Außerdem würde die Einführung der Drachme die Probleme der Wirtschaft nicht lösen, es wäre das nur ein Pflaster auf einer Wunde, die nicht heilt. Denn die Strukturreformen müssten trotzdem gemacht werden - der öffentliche Sektor müsste besser organisiert werden. Das Steuerwesen sei korrupt und funktioniere nicht, die Privatisierung müsste vorangetrieben werden. Die Drachme ist also kein Patentrezept gegen über Jahrzehnte angehäufte Schulden und eine marode Wirtschaft, sagt Breuss.
Imageschaden für den Euro
Auch für Europa hätte Griechenlands Austritt aus der Eurozone negative Folgen: So würde das Image der Eurozone leiden, wenn man sieht, dass das Projekt nicht funktioniert, gibt Breuss zu bedenken. Wenn andere verschuldete Länder auch aus der Eurozone brechen, würde die Eurozone schrumpfen. Der Euro könnte an Bedeutung als zweite Weltwährung verlieren.
Milliardenschaden für Österreich
Außerdem stünde für die Kreditgeber viel Geld auf dem Spiel. Wie viel Österreich verlieren könnte, darüber könne man derzeit nur spekulieren, sagt Breuss und nennt als Spannweite drei bis fünf Milliarden Euro. In diesen Summen enthalten wären die Hilfskredite, die Österreich Griechenland gegeben hat, Haftungen für den Euro-Rettungsschirm EFSF, die Verluste durch den Schuldenschnitt und auch Verluste der Europäischen Zentralbank. Denn wenn griechische Staatsanleihen nichts mehr wert wären, müssten die nationalen Notenbanken wieder die Löcher die EZB stopfen. Breuss glaubt außerdem, dass es zu einem zweiten Schuldenschnitt kommen wird.
Eine Rückkehr zur Drachme sei also für Griechenland und die EU ein riskantes Spiel - "für beide verkraftbar, aber mit großen Kollateralschäden verbunden."