Haneke und Seidl sind im Wettbewerb

Filmfestival in Cannes beginnt

Die sonnige Cote d’Azur, die großen Stars der Kinoleinwand, renommierte Filmemacher und über all dem Trubel eine mächtige Goldene Palme. Am Abend des Mittwoch, 16. Mai 2012, beginnen in Cannes die 65. Filmfestspiele.

Das Erfreuliche dabei aus österreichischer Sicht: Erstmals stehen mit Michael Haneke und Ulrich Seidl gleich zwei heimische Regisseure nebeneinander im Wettbewerb. Aber auch daneben gibt es heuer einige mit besonders großer Spannung erwartete Filme an der Croisette.

Kultur aktuell, 16.05.2012

Zwei Mal "Liebe"

Michael Hanekes Drama zeigt ein pensioniertes Musikerehepaar. Ein plötzlicher Anfall der Frau stellt die Liebe der beiden auf eine schwere Probe. Dazu Cannes-Festivalleiter Thierry Fremaux: "Der Österreicher Michael Haneke ist mit einem französischsprachigen Film vertreten, der den Titel 'Amour' trägt. In den Hauptrollen sind Emanuelle Riva und Jean-Louis Trintignant zu sehen. Und trotz gegensätzlicher Meldungen geht es in "Amour" tatsächlich um Liebe."

Haneke hat ja 2009 mit "Das weiße Band" die Goldene Palme gewonnen. Ulrich Seidl stand mit seinem Drama "Import/Export" auch schon einmal im Wettbewerb von Cannes, ging damals aber leer aus. In "Paradies: Liebe" folgt er jetzt einer einsamen Wienerin, die am Strand von Kenia als Sextouristin nach Liebe sucht. Zwei Jahre lang hat Ulrich Seidl im Milieu der kenianischen Beach Boys recherchiert.

Mittagsjournal, 16.05.2012

Wolfgang Popp spricht mit Regisseur Ulrich Seidl

Stars und Höhepunkte

Für Blitzlichtgewitter auf dem roten Teppich werden Brad Pitt und Nicole Kidman sorgen. Pitt spielt in "Killing Them Softly" einen eiskalten Killer und Kidman ist gleich zweimal zu sehen: Im Gerichtsdrama "The Paperboy" und als Geliebte des abenteuer- und reiselustigen Ernest Hemingway im außer Konkurrenz laufenden "Hemingway und Gellhorn".

Literatur spielt auch in zwei weiteren Wettbewerbsbeiträgen eine große Rolle. Der Brasilianer Walter Salles hat Jack Kerouacs Klassiker "On The Road" verfilmt und versucht darin die leidenschaftlichen Lebensentwürfe der Beat-Generation abzubilden.

Der Kanadier David Cronenberg, der zuletzt in Wien seinen Freud-Film "Eine dunkle Begierde" gedreht hat, wird seine Leinwandadaption des Don-de-Lillo-Thrillers "Cosmopolis" vorstellen. Twilight-Star Robert Pattinson spielt darin einen Wall-Street-Broker, der durch ein apokalyptisches New York hetzt.

Wie schnell das Kino mittlerweile auf die aktuellen politischen Ereignisse reagiert, zeigt ein Drama aus Ägypten. Festivalleiter Thierry Fremaux: "Yousry Nasrallahs Wettbewerbsbeitrag beginnt fast wie eine ägyptische Telenovela und endet als sehr engagierter Film. 'Nach der Schlacht' heißt sein Drama und die Schlacht, um die es hier geht, findet am Tahrir-Platz in Kairo statt, während der Demonstrationen gegen Husni Mubarak. Und der Film fragt, was wohl nach dem Aufstand, was also jetzt in Ägypten passiert und Nasrallah bietet da einen Standpunkt."

Das heurige Festival verfügt also über ein buntes, aber auch sehr renommiertes Teilnehmerfeld. Neben Michael Haneke stehen nämlich noch drei andere ehemalige Palmengewinner im Wettbewerb. Die Preisverleihung findet heuer am 27. Mai statt.