Rücktrittsaufrufe aus anderen Parteien

Streit über Stiftung: Graf (FPÖ) unter Druck

Ein Bericht der ORF-Fernsehsendung "Report" über den FPÖ-Politiker Martin Graf, im Hauptberuf Dritter Präsident des Nationalrates, schlägt nun hohe Wellen: Die Grünen verlangen seinen Rücktritt, die anderen Fraktionen verlangen zumindest genaue Aufklärung.

Mittagsjournal, 23.5.2012

Stiftung und Hauskauf

Eine 90-Jährige fühlt sich von Graf übervorteilt: Sie habe ihm über eine Stiftung die Verwaltung ihrer Ersparnisse anvertraut, und Graf habe gemeinsam mit zwei anderen weniger prominenten FPÖ-Politikern ihr Geld schlecht verwaltet. Unter anderem, indem die Stiftung ein Haus gekauft habe - ein Haus, in dem der Bruder Martin Grafs sich mit einem Restaurant eingemietet hat.

Schriftliche Stellungnahme

Martin Graf wollte am Vormittag kein Interview über die politische Optik dieser Angelegenheit geben, und auch die Anfrage an die FPÖ um eine Stellungnahme blieb ohne Ergebnis. Was vorliegt, ist eine vom Freiheitlichen Pressedienst verbreitete schriftliche Stellungahme vom Anwalt der Stiftung: Die Verwaltung des Stiftungsvermögens sei von einem unabhängigen Stiftungsprüfer jährlich geprüft und mit uneingeschränkten Bestätigungsvermerken, also mit einem Okay, versehen worden. Die Dame sei bei Errichtung der Stiftung vom Notar und vom Gericht belehrt worden, die von der nunmehr 90-jährigen Dame erhobenen Vorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage.

Gerichtliche Prüfung

Der Stiftungsrechtsexperte Armenak Utudjian, zugleich Vizepräsident der österreichischen Rechtsanwaltskammer will zum konkreten Fall zwar nicht Stellung nehmen, lässt aber durchblicken, dass die Prüfung durch den Stiftungsprüfer in derlei Fällen nicht das Maß aller Dinge ist, eine Prüfung durch das Gericht sei genauer. Und genau diese gerichtliche Prüfung an die betagte Dame jetzt beantragt.

Martin Graf erklärte sich also bereit, das Stiftungsvermögen zu verwalten, und veranlasste im Zuge dessen auch gleich den Kauf jenes Hauses, in dem ausgerechnet sein Bruder als Mieter ein Haus führt. Klingt ungewöhnlich, ist aber für den Gesetzgeber in Ordnung. Eine gerichtliche Genehmigungspflicht gebe es in solchen Fällen nicht, sagt Stiftungsexperte Utudjian.

Frage des Stiftungszwecks

Der Kaufpreis des Hauses habe 500.000 Euro betragen - wobei der Privatgutachter der Dame meint, 350.000 wären ausreichend gewesen. Darüber wird möglicherweise noch gerichtlich gestritten werden. Ein weiterer Vorwurf der Dame: Für all das viele Geld oder Geldeswert, das sie in die Stiftung eingebracht habe - eine Million -, bekomme sie nur 5.000 Euro im Jahr. Zu wenig zu leben, wie sie sagt. Rechtsexperte Utudjian sagt, es kommt auf den bei der Errichtung der Stiftung vereinbarten Stiftungszweck an. "Der Stiftungsvorstand muss dafür sorgen, dass die Versorgung der Stifterin, wenn sie Begünstigte ist, möglich ist, in dem Ausmaß wie sie das benötigt."

Rücktrittsaufforderungen

Wie gesagt, weder Dritter Nationalratspräsident Graf, noch seine Partei, die FPÖ, wollten am Vormittag Stellung nehmen. Die Reaktionen der politischen Konkurrenz sind umso deftiger. Nationalratspräsidentin Prammer (SPÖ) fordert Aufklärung, SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter sieht "Grafs Rücktritt aus allen politischen Funktionen im Raum stehen". Der Sozialsprecher der Grünen, Öllinger sagt: Graf müsse gehen. BZÖ-Justizsprecher Grosz sagt, Graf müsse sich überlegen, ob er als Dritter Nationalratspräsident noch tragbar sei. Und ÖVP-Generalsekretär Rauch sagt, FPÖ-Chef Strache müsse nun endlich Verantwortung für all die Malversationen in seinen Reihen übernehmen.