Korruption als Hindernis

Aserbaidschan ködert Investoren

Der Song Contest ist für Baku eine willkommene Gelegenheit, Aserbaidschan dem Westen zu präsentieren und ausländische Investitionen anzukurbeln. Dass im autoritär geführten Aserbaidschan auch die Korruption grassiert, wird dabei gerne verschwiegen.

Mittagsjournal, 25.5.2012

Aus Baku berichtet Carola Schneider.

Vom Öl zum Gas

Seit mehr als 200 Jahren wird in Aserbeidschan Öl gefördert, um das Jahr 1900 war das Land im Kaukasus sogar der größte Ölproduzent der Welt. Bis heute ist die Wirtschaft ganz auf die Ölproduktion ausgerichtet, eine Million Barrel am Tag werden gefördert und zum Großteil exportiert. 2011 beliefen sich die Einnahmen aus der Öl- und Gasproduktion auf 20 Milliarden Euro. In den letzten Jahren wurden zudem riesige Gasfelder entdeckt, was das Land vor neue Herausforderungen stellt, sagt der stellvertretende Leiter der staatlichen Erdölgesellschaft Socar, Elshad Nassirow: "In nur fünf Jahren ist Aserbaidschan vom Gasimporteur zum Gasexporteur geworden. Jetzt müssen wir verschiedene Abnehmer dafür finden. Wir verstehen, dass Europa als Alternative zum russischen Gas an unserem sehr interessiert ist und wir sind bereit, in die EU zu liefern."

Pipeline-Projekt gescheitert

Doch noch ist unklar, wie das Gas aus dem kaspischen Meer nach Europa transportiert werden soll. Das Pipeline-Projekt Nabucco, an dem die österreichische OMV federführend beteiligt ist, ist nach Kostenexplosionen und Verzögerungen gescheitert. Ende Juni 2013 soll die Entscheidung fallen, wer künftig das kaspische Gas nach Europa liefern wird.

Moderner Industriestandort?

Unterdessen will Aserbeidschan seine bisher einseitig auf Öl ausgerichtete Wirtschaft diversifizieren. Seit einigen Jahren würden Investitionen in den Nicht-Ölsektor prozentuell schneller wachsen als jene in den Ölsektor, sagt Adil Mammadow von der staatlichen Investitionsförderungsgesellschaft Azpromo: "Im Vordergrund stehen die Bauindustrie, die Infrastruktur, die Landwirtschaft und der Tourismus. Wir wollen Aserbeidschan auch abseits vom Öl zu einem modernen Industriestandort machen."

In- und ausländischen Investoren werden Steuervorteile und spezielle Kofinanzierungsmodelle geboten. Den Eurovision Song Contest sieht man als willkommene Werbeplattform, betont Adil Mammadow von der Investitionsförderungsgesellschaft Azpromo: "Wir zeigen der Welt, das wir ein guter Platz sind, um Geschäfte zu machen. Wenn wir es innerhalb so kurzer Zeit geschafft haben, ein so großes Ereignis auf die Beine zu stellen, beweist das doch, dass wir alle Probleme überwinden können."

Abgezweigte Milliardenbeträge

Bisher ungelöste Probleme sind jedoch politische Willkür und grassierende Korruption. In internationalen Korruptionsstatistiken liegt Aserbaidschan weit hinten. Oft ist an den krummen Geschäften die Familie des autoritär regierenden Präsidenten Alijew beteiligt, sagt Zohrab Ismajil von der Nichtregierungsorganisation "Public Association for Assistance to Free Economy": "Aserbaidschans Einnahmen aus der Ölproduktion sind gigantisch. Davon werden jedes Jahr über das staatliche Budget rund sechs Milliarden Euro verschleudert. Über Projekte, die nicht transparent sind und die nicht ausgeschrieben werden. Dabei wird viel Geld abgezweigt, das in die Taschen der Präsidentenfamilie, der Oligarchen und von hohen Beamten fließt." Diese Seite von Aserbaidschan will das Regime jedoch lieber verstecken - hinter den Glitzerfassaden von Baku, das sich für den Song Contest herausgeputzt hat.