Überraschende Kehrtwende
Privatstiftung: Graf legt Vorsitz zurück
Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) zieht sich früher als angekündigt aus der Gertrude Meschar-Privatstiftung zurück. Er will damit Schaden von seiner Partei fernhalten. Die FPÖ-Spitze reagiert erfreut.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 4.6.2012
Druck gewachsen
Martin Graf steht massiv unter Druck, weil er als Stiftungsvorstand gegen die Interessen der 90-jährigen Stifterin gehandelt haben soll. Der Vorwurf der persönlichen Bereicherung steht im Raum, beim Handelsgericht Wien liegt ein Abberufungsantrag gegen den gesamten FPÖ-nahen Stiftungsvorstand. Graf will dieses Verfahren jetzt nicht mehr abwarten - um weiteren Schaden von seiner Partei abzuhalten, wie er betont.
FPÖ-Hofer: Freiwilliger Rückzug
Martin Graf wollte vor Gericht um seine Ehre kämpfen und dann als Stiftungsvorstand gehen - das hat sich erledigt. Nachdem FPÖ-Parteiobmann Strache zwar von einer Medienkampagne gegen Graf, aber wörtlich auch von einer komischen Optik des Falles gesprochen hatte, setzt der Dritte Nationalratspräsident diesen Schritt schon jetzt.
Und das völlig freiwillig, trotz der unmissverständlich kritischen Worte des Parteichefs, versichert Strache-Stellvertreter Norbert Hofer: Dr. Graf habe sich nichts zuschulden kommen lassen und er habe in seiner Zeit als Dritter Nationalratspräsident immer eine tadellose Vorsitzführung gehabt. Er sei überzeugt, dass in den nächsten Tagen wieder Ruhe einkehren werde. Seitens der Parteispitze habe es keinen Druck auf Graf gegeben, so Hofer. Dieser habe seine Entscheidung ganz alleine getroffen.
Graf: Schaden für FPÖ begrenzen
Graf will sich öffentlich nicht mehr zu den Vorwürfen äußern. In einer Aussendung begründet er seinen Schritt damit, dass durch eine völlig überzogene Medienberichterstattung versucht werde, die Causa gegen die FPÖ zu verwenden. Um den dadurch drohenden Schaden und den Schaden für Stiftung und Stifterin zu begrenzen, ziehe er sich schon jetzt aus der Stiftung zurück, so der Dritte Nationalratspräsident. Wobei nach den Angaben des Anwalts der Stifterin von einem sofortigen Rückzug keine Rede sein kann. Graf habe das Vorstandsmandat mit einer einmonatigen Frist gekündigt, obwohl das unter den gegebenen Umständen durchaus möglich wäre, so der Anwalt.
Für den stellvertretenden FPÖ-Obmann Norbert Hofer ist jetzt dennoch alles klar: Graf habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Hofer wünscht sich auch, dass Graf Dritter Nationalratspräsident bleibe.
Einhellige Rücktrittsaufforderungen
Für die anderen Parteien ist das noch lange nicht ausgemacht: SPÖ und Grüne fordern weiterhin den Rücktritt Grafs vom Präsidenten-Amt. Für die ÖVP beschädigt Graf mit seiner Haltung das Ansehen seines Amtes als Dritter Nationalratspräsident. Klare politische Konsequenzen zu ziehen wäre schon allein eine Frage des Anstandes. Und für das BZÖ hat Graf moralisch und menschlich abgedankt, sein Rückzug vom Stiftungs-Vorstand sei viel zu spät gekommen.