Wahlen am 17. Juni bestimmen künftigen Kurs

Griechenland: Szenarien des Euro-Austritts

Am 17. Juni wird in Griechenland gewählt. In Europa wächst die Nervosität. Denn keiner weiß, ob Griechenland nach diesen Wahlen am zugesagten Sparkurs festhält. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone wird von vielen Experten daher nicht mehr ausgeschlossen.

Mittagsjournal, 11.06.2012

Umstieg auf die Drachme bringt Abwertung

In einem sind sich die Experten einig: Wenn Griechenland wieder zur Drachme zurückkehrt, dann gibt es schlagartig eine drastische Abwertung: Die Ersparnisse der Griechen sind dann von heute auf morgen voraussichtlich nur mehr die Hälfte wert. Daher müsste ein Umstieg auf die Drachme im Geheimen vorbereitet, und über Nacht durchgeführt werden. Um zu verhindern, dass es zu einem Sturm auf die Banken kommt, also alle Griechen gleichzeitig das abheben, was noch auf den griechischen Banken liegt.

Breuss: Banknoten-Drucken dauert 6 Monate

So weit so gut: Wie das allerdings technisch gehen soll, weiß keiner so genau, sagt Europa-Experte und Wirtschaftsforscher Fritz Breuss. Denn das Drucken der neuen Banknoten dauert mindestens 6 Monate. Und selbst die Idee, die Eurobanknoten abzustempeln, und so zur Drachme zu machen, ist schwer umzusetzen: "Das ist eine alte Idee aus der K&K Monarchie. Nur wer soll denn die Banknoten übers Wochenende abstempeln? Selbst wenn alle Arbeitslosen Europas zusammengesammelt werden, und die ein ganzes Wochenende stempeln, wird das nicht gehen. Es ist unvorstellbar."

Euro als Parallelwährung zur Drachme

Manche Experten rechnen daher mit einer Übergangslösung. Der Euro könnte eine Zeit lang als Parallelwährung neben der Drachme Zahlungsmittel sein. Pensionen und Gehaltszahlungen würden aber in Drachmen ausbezahlt. In jedem Fall wäre der Austritt aus der Eurozone für das Land ein Schock. Die Kosten für Importe würden in die Höhe schießen, was die griechische Wirtschaft kurzfristig noch tiefer in die Rezession stürzen würde, sagt Fritz Breuss: "Es gibt schon Schätzungen von Banken, Szenarien, die sagen, der Austritt würde für Griechenland im ersten Jahr einen Einbruch des BIP um 10 Prozent bewirken, mit entsprechender Arbeitslosigkeit."

Armut und Arbeitslosigkeit befürchtet

Der griechische Ex-Premier Simitis befürchtet in diesem Fall eine nie dagewesene Armut und Arbeitslosigkeit in seinem Land. Dazu kommt, dass die Staatsschulden nach wie vor in Euro zu bezahlen wären, und die würden sich dadurch verdoppeln - was den Staatsbankrott endgültig besiegeln würde.

Vorteile für Griechenland

Langfristig sehen manche Analysten allerdings Vorteile für Griechenland, sollte der Euro-Austritt kommen. Durch die Abwertung der Währung könnte die griechische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig werden, lautet das Argument. Denn dann wären griechische Produkte im Euroraum deutlich günstiger. Doch auch hier gibt es Skeptiker: Griechische Produkte würden nur dann Abnehmer finden, wenn sie nicht nur preisgünstig, sondern auch attraktiv für die Käufer sind. Griechenland hat derzeit aber kaum Export-Artikel vorzuweisen. Auch bei einem Euro-Austritt hätte die griechische Wirtschaft also noch einen steinigen Weg hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit vor sich.