Was ist "Grüne Wirtschaft"?

In Rio geht der Nachhaltigkeitsgipfel der UNO nächste Woche in die heiße Phase. Über 100 Staats- und Regierungschefs sollen sich darauf einigen, wie die Weltwirtschaft wachsen kann, ohne dass die Umwelt weiter leidet. Grüne Wirtschaft ist das Schlagwort der Stunde. Umweltschützer warnen vor einer Mogelpackung, von "Greenwash" ist die Rede. Was ist grüne Wirtschaft ist und was nicht?

Morgenjournal, 15.6.2012

Firmen denken um

Reinhard Backhausen, Chef des traditionsreichen Wiener Möbelhauses Backhausen, hat umgedacht. Vor drei Jahren hat er Produktion seiner Vorhang und Möbelstoffe umgestellt, auf das "cradle to cradle"-Prinzip, von der Wiege zur Wiege umweltfreundlich, die Produktion ist schadstofffrei. Und wenn die Stoffe ausgetauscht werden müssen, holt sie ein Recycler ab.

Auf der ganzen Welt denken viele Unternehmen um. Aber besonders in den wirtschaftlich aufstrebenden Ländern fehlt noch das Bewusstsein, dass sich die Investition langfristig lohnt. Industrieländer wie Österreich präsentieren sich gerne als Vorbild, hätten aber ein Glaubwürdigkeitsproblem, weil die Emissionen weiter steigen, sagt Alexander Egit von Greenpeace. Länder des Südens würden solche Töne nicht mehr akzeptieren.

"Grüne Kohle" und anderer "Schmäh"

Außerdem: Vieles was als grün verkauft wird, ist nicht grün, warnen Umweltorganisationen dieser Tage eindringlich in Rio, etwa das riesige Wasserkraftwerk Belo Monte im Amazonasgebiet in Brasilien, an dem auch die österreichische Firma Andritz mit baut. Alexander Egit von Greenpeace erklärt, Grüne Wirtschaft dürfe auch nicht Atomenergie sein, die als CO2-Schutzmaßnahme ausgegeben wird, oder "Grüne Kohle", wo Kraftwerksabgase in der Erde "verbuddelt" würden.

Auch was die heimische Politik als grün verkauft, stellen Experten in Frage. Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) spricht etwa von 200.000 grünen Jobs in Österreich. "Das ist ein Marketing-Schmäh", sagt Sven Hergovich von der Arbeiterkammer, denn dazu zähle zum Beispiel die Müllabführ, nur weil sie aufräumt oder eine Supermarktverkäuferin nur weil der Supermarkt Bioprodukte verkauft.

Umweltpolitik gefordert

Auch Wirtschaftsforscher sagen der Umweltsektor in Österreich könnte viel größer sein, wenn die politischen Rahmenbedingungen besser wären, wenn etwa Autofahren nicht subventioniert würde oder die Länder die Wohnbauförderung nur für klimafreundliches Bauen verwenden dürften.

Grüne Wirtschaft kann eine gute Sache sein, sagt Egit von Greenpeace. Aber sie dürfe kein neues Klimaabkommen mit verbindlichen Zielen ersetzen. Bleibt grünes Wirtschaften eine freiwillige Sache, dann könnte zu einem Feigenblatt werden, fürs das Motto: Weiter machen wie bisher.

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