Bleimunition: Umweltschutz kontra Jäger
Deutsche Schützen kommen auf Österreichs Schießplätze und schießen dort mit giftiger, umweltschädlicher Bleimunition. Das hat die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" vor kurzem aufgedeckt. In Teilen Deutschlands und in anderen Staaten ist Bleimunition auf Schießplätzen und bei der Jagd teilweise verboten. In Österreich haben die Jäger solche Pläne bisher verhindert. Aber das könnte sich bald ändern.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 21.6.2012
Verbot gefordert
600 Tonnen Blei verschießen Sportschützen und Jäger in Österreich Jahr für Jahr, hat das Umweltbundesamt berechnet. Eine gewaltige Menge - ist doch Blei so giftig, dass es etwa als Klopfmittel in Benzin schon vor Jahren verbannt worden ist. Ein Verbot von Bleischrot und Bleipatronen wird vom Umweltbundesamt dringend empfohlen und von Naturschützern seit Jahren gefordert.
"Keine Alternative"
Einen Teilerfolg gibt es: Ab 1. Juli dürfen Wasservögel nicht mehr mit Bleischrot gejagt werden. Denn die brauchen kleine Steine für ihre Verdauung, nehmen stattdessen aber die Schrotkugeln vom Grund des Gewässers auf und verenden dann an Bleivergiftung. Das hat auch die Jagdverbände überzeugt - aber nur das. Peter Lebersorger von der Zentralstelle Österreichischer Jagdverbände sagt, man könne da nicht schnell eine Alternative "herbeireden". Denn für die Jagd in Wald- und Wiesengebiet gebe es keine Alternative zu Blei, legt Lebersorger nach: "Auf Metalle wie Gold oder Silber, das ähnliche Eigenschaften wie Blei hat, kann man nicht umsteigen. Und andere Patronen, die angeboten werden, erfüllen nicht für jede Situation die gleiche Wirkung und entsprechen auch nicht in jeder Situation dem gleichen Sicherheitserfordernis", spielt der Interessenvertreter der Jäger auf Querschläger nach dem Schuss an.
Frage der technischen Reife
Christian Holzer, zuständiger Sektionsleiter im Umweltministerium, kontert trocken: "Ich bin der festen Überzeugung, dass es hier technische Alternativlösungen geben wird, die erst dann auf den Markt kommen, wenn die Schritte entsprechend verlangt werden."
Europäische Lösung?
Im politischen Prozess sind die Jäger die Querschläger. Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) ist selber Jäger, ihm wird aber in Sachen Bleimunition guter Wille bescheinigt. Zum Interview schickt der Minister dann aber doch den Sektionschef vor. Denn die Jäger-Lobby und der Handel haben verhindert, dass mit dem Bleischrotverbot auf Wasservögel auch der Einstieg in das endgültige Aus für Bleimunition kommt. Geplant war eine zweistufige Verordnung, aber die war nicht durchsetzbar. Jetzt hofft das Umweltministerium auf eine europäische Lösung. Sektionsleiter Holzer: "Es wird hier voraussichtlich eine Initiative der schwedischen EU-Präsidentschaft geben, mit der wir uns um weitere Schritte bemühen werden." Und zwar schon beginnend in diesem Sommer.
Schießplätze müssen saniert werden
Um gegen das Blei etwas zu tun, das schon im Boden ist und das in hoher Konzentration vor allem auf Schießplätzen - dazu braucht es die EU nicht. Die Schweiz lässt ihre verbleiten Schießplätze um hunderte Millionen Euro sanieren, das Umweltbundesamt empfiehlt selbiges auch für Österreich und spricht von potenziellen Verdachtsflächen nach dem Altlasten-Sanierungsgesetz. Sektionsleiter Christian Holzer verweist darauf, dass hier in erster Linie die Länder am Zug seien, die dem Bund nach Vorerhebungen Verdachtsmeldungen zu übermitteln hätten.
Umweltgefährdende Altlasten
Doch die Länder denken nicht daran. Die Zentralstelle der Jagdverbände behauptet sogar, es gebe in Österreich keine sauren Böden, daher werde das Gift auch nicht freigesetzt. Bis zum Beweis des Gegenteils wie in Oberösterreich: Dort hat ein rühriger Umweltanwalt die Untersuchung zweier Wurftauben-Schießplätze erreicht. Beide sind umweltgefährdend verbleit und wurden zu Altlasten erklärt, die bis heute auf ihre Sanierung warten.