Fußball gegen Merkel
Für die Griechen war es ein besonderes Spiel: Für viele ist Deutschland mitverantwortlich für die finanzielle Lage in ihrem Land und sie hätten gerne am Fußballfeld mit ihnen abgerechnet. Daraus ist nichts geworden – zur großen Enttäuschung der griechischen Fußballfans.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 23.6.2012
Reportage aus Athen von Verena Gleitsmann.
Große Hoffnungen
Die Lokale in der Plaka von Athen sind gesteckt voll, die Fernseher dröhnen mit voller Lautstärke durch die Gassen. Die Erwartungen der Griechen sind an diesem Abend groß, die Hoffnungen sind es auch: "Ich finde, wir sollten gewinnen, wir verdienen es uns." - "Deutschland ist das bessere Team, aber wir werden es versuchen. Wir haben ja nichts zu verlieren."
"Der bessere Samaras"
Gleich in den ersten Minuten geht es Schlag auf Schlag. Die griechischen Spieler haben alle Hände voll zu tun, die Deutschen vom Tor fernzuhalten. Doch die Abwehr geht nicht lange gut. Kurz vor der Pause kassieren sie das 1:0. Die Griechen in der Plaka sind bestürzt.
Doch das Daumendrücken zahlt sich aus. In der 55. Minute schießt der griechische Stürmer Giorgos Samaras das Ausgleichstor. Dass er so heißt wie der neue griechische Ministerpräsident, ist für die Menschen hier kein Zufall. "Das ist der bessere Samaras", rufen sie.
"Wir haben kein Glück"
Dann geht es plötzlich bergab. Nach 95 Minuten müssen sich die Griechen mit 4:2 geschlagen geben. Die Enttäuschung darüber ist groß: "Das Spiel war schrecklich. Wir waren zu wenig offensiv, deshalb haben wir verloren." - "Ich finde die Griechen haben besser gespielt, aber sie haben derzeit einfach kein Glück. Die Krise hat auch sie erreicht." - "Wir haben uns mehr erwartet, aber es war okay. Ich hätte mir nur gewünscht, dass wir gegen die Deutschen gewinnen, weil sie sehr unfreundliche Dinge über uns in ihren Zeitungen schreiben."
Das Schlimmste: Merkel freut sich
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist für viele Griechen hier auf der Plaka ein rotes Tuch. Auch wegen ihr hätten sie gerne gewonnen, sagen die Studenten Yannis und Alexis. "Das Schlimmste ist, dass wir Merkel dazu gebracht haben, sich zu freuen." Gerade in dieser krisenreichen Zeit sei das Fußballspiel gegen Merkel mehr gewesen als ein Sportereignis, sagt Giorgos. Hätte Griechenland gewonnen, wäre das eine politische Botschaft gewesen. Aber er ist mit den zwei Toren der Griechen zufrieden: "Wir haben Europa gezeigt, dass wir kämpfen können, und dass wir den Deutschen auf Augenhöhe begegnen können."
Der Fußball sollte aber nicht überbewertet werden, fällt ihm sein Freund Costas ins Wort: "Die Spiele sind Spiele, das hat nichts mit unserer Politik zu tun", sagt er. Fußball solle man nicht überbewerten. Aber auch er gibt zu: Ein bisschen hätte er sich auch über einen Sieg gegen die Deutschen gefreut.